Demokratieforscher sieht "rechten Zeitgeist"

Bild: Unbekannt / Eigenes Werk
Der Leipziger Demokratieforscher Johannes Kiess sieht in Deutschland einen rechten Zeitgeist. "Ein rechtsextremes Einstellungspotenzial gibt es in Deutschland schon immer", sagte der Wissenschaftler der "Rheinischen Post". "Was aber bislang in Deutschland anders war, ist, dass man mit Rechtsaußen, insbesondere mit Neonazis nichts zu tun haben wollte."
Der AfD sei es nun aber "gelungen, durch immer neue Entgleisungen, immer
neue Tabubrüche, den Diskurs so weit nach rechts zu verschieben, dass
es nicht mehr unsagbar ist, den Nationalsozialismus als nur einen
'Vogelschiss' in der deutschen Geschichte zu bezeichnen, wie es
Alexander Gauland einst tat", so Kiess.
"Gleichzeitig haben
andere Parteien etwa in der Migrationspolitik Positionen der AfD
übernommen, anstatt zu sagen, dass die indiskutabel sind. So sind wir
bei einem rechten Zeitgeist angelangt: rechte, antidemokratische
Gedanken werden von vielen als allgemeingültige Wahrheit akzeptiert",
erläuterte der Wissenschaftler.
Für den aktuellen Höhenflug der
AfD in Umfragen sieht Kiess mehrere Ursachen. "Die AfD profitiert von
der turbulenten Weltlage, dass die Krisenerzählung weiter die Debatte
bestimmt und dass das Autoritäre weiter als attraktiv gilt. Zudem gilt
die AfD inzwischen nicht mehr als marginalisiert, der
'Normalisierungseffekt' mobilisiert also auch Zögernde", erklärte der
Demokratieforscher.
Gleichzeitig seien die demokratischen Milieus
stark demobilisiert. "Es wäre wichtig, dass die geplanten
Sondervermögen und Sonderausgaben schnell Wirkung zeigen und
illustrieren: die Demokratie kann die Dinge besser machen, positiv
gestalten."
Quelle: dts Nachrichtenagentur