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Jennifer Wilton: "Es ist nicht falsch, zu provozieren, um Antworten zu forcieren"

Archivmeldung vom 20.01.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.01.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith
journalist-Cover Januar+Februar 2023: Jennifer Wilton
journalist-Cover Januar+Februar 2023: Jennifer Wilton

Bildrechte: journalist - Magazin für Journalist*innen Fotograf: Paula Winkler

Jennifer Wilton, seit einem Jahr Chefredakteurin der Tageszeitung Die Welt, hebt im Interview mit dem journalist das "große Spektrum an Meinungen im Blatt und auf der Seite" hervor. "Wir verstehen uns als Portal, auf dem unsere Redakteure und Gastautoren Spielraum haben und ihn sich nehmen." Sie könne sich an keinen an Fakten orientierten Text der letzten Monate erinnern, der es wegen persönlicher Vorbehalte gegenüber Autor oder Autorin nicht ins Blatt geschafft hätte. "Selbst Sahra Wagenknecht kam bei uns zu Wort, obwohl der Text persönlich an meine Schmerzgrenze ging."

Als Provokateurin will sich Wilton nicht verstanden wissen, sie sieht sich bei der Welt eher in der Rolle einer Moderatorin, die auch solchen Meinungen den Weg ins Blatt ermöglicht, die nicht ihre eigenen sind. "Aber es ist nicht falsch, zu provozieren, um Antworten zu forcieren. Zu einer lebendigen Debatte gehören immer auch pointiertere Standpunkte", sagt sie. Es sei gut, gelegentlich Debatten anzuregen, statt ihnen hinterherzulaufen.

Wilton sagt im journalist, sie finde es problematisch, wenn man bestimmte Dinge nicht mehr offen aussprechen dürfe. "Ich empfinde den Begriff der Cancel Culture allerdings oft als zu hart; nur, weil man gewissen Sichtweisen oder Autoren kein Forum bieten möchte, wird noch nichts gecancelt."

Auf die Frage, was der Begriff konservativ für sie bedeute, antwortet Wilton: "Auf die Welt bezogen würde ich den Begriff 'konservativ' um 'liberal' erweitern." In den vergangenen zwei Jahren habe wegen der Freiheitsbeschränkungen durch Corona das Liberale bei der Welt oft stark im Vordergrund gestanden. "Darüber hinaus stehen wir aber immer auch für das, was man 'bürgerliche Werte' nennen könnte, Familie zum Beispiel, verteidigen aber zugleich die Freiheiten des Einzelnen, haben also keine grundsätzlichen Kontrapositionen etwa zur Homoehe", so Wilton im journalist-Interview.

Quelle: journalist - Magazin für Journalist*innen (ots)

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