Iranischer Todesrichter in Deutschland? Bündnis fordert Behörden zum Handeln auf
Archivmeldung vom 24.07.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithEs gibt verschiedene Hinweise darauf, dass seit dem 27. Juni 2023 erneut ein iranischer Todesrichter in der neurochirurgischen Privatklinik INI in Hannover behandelt wird, die unter der Leitung von Madjid Samii steht. Dabei handelt es sich um Hossein Ali Naeiri, einen iranischen Geistlichen, Richter und obersten Berater der Justiz. Er war einer der Hauptakteure der "Todeskomitees", die im Sommer 1988 im Iran die unrechtmäßige Massenhinrichtung politischer Gefangener zu verantworten hatten.
Nach Angaben des ehemaligen stellvertretenden Obersten Führers des Iran, Hossein-Ali Montazeri, wurde der Befehl am 26. Juli 1988 erlassen und lautete unter anderem: "Die Gefängnisinsassen im ganzen Land, die die Monafeqin [Volksmujaheddin] standhaft unterstützen, führen Krieg gegen Gott und werden zur Hinrichtung verurteilt. [...] Die Aufgabe, das Dekret in Teheran umzusetzen, wird Hojjatol-Eslam Naeiri, dem Scharia-Richter, Herrn Eshraqi, dem Teheraner Staatsanwalt und einem Vertreter des Geheimdienstministeriums übertragen."
Aus zuverlässigen Quellen geht hervor, dass die "Todeskommission" ihre Arbeit am 28. Juli 1988 im Teheraner Evin-Gefängnis aufgenommen hatte. Die Kommission war sowohl im Evin- als auch im Gohardasht-Gefängnis tätig. In späteren Jahren wurde Naeri zum Leiter des Obersten Disziplinargerichtshofs für Richter und zum Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs ernannt. Naeri hat seine Beteiligung an dem Massaker von 1988 zugegeben. [1]
Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, hat am 7. Juli den Generalbundesanwalt, das LKA Niedersachsen, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Inneren auf den mutmaßlichen Aufenthalt von Hossein Ali Naeiri hingewiesen und um Einleitung der notwendigen Maßnahmen zur Strafverfolgung gebeten.
Beck fordert die Behörden auf, endlich tätig zu werden: "Seit dem 7. Juli ist anscheinend nicht viel passiert. Während die Opfer der Menschenrechtsverbrecher in den iranischen Gefängnissen ermordet und zu Tode gefoltert werden, gehen die Verantwortlichen ungeschoren in Deutschland ein und aus. Das muss ein Ende haben. Man kann nicht in Sonntagsreden das Ende der Straflosigkeit bei Verbrechen gegen die Menschheit beteuern und dann aber operativ nichts tun, wenn solche Verbrecher sich in Deutschland aufhalten. 2018 war der Todesrichter Ajatollah Shahroudi aus der gleichen Klinik in Hannover geflohen, nachdem u.a. von mir Strafanzeige gestellt worden war."
Die Menschenrechtsaktivistin Mina Ahadi erklärt: "Hossein Ali Naeiri stand in engem Kontakt mit Revolutionsführer Khomeini und hat mit seiner Erlaubnis Hunderte Menschen zum Tode verurteilt und Tausende foltern lassen. Viele seiner traumatisierten Opfer sind hier in Deutschland, man trifft sie überall. Als ich gestern auf einer Kundgebung in Köln über Naeiris Verbrechen sprach, hat eine Frau, die heute in Köln lebt, angefangen zu zittern und zu weinen. Sie war in den 1980er Jahren von Naeiri zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sie hat mir ihre Beine gezeigt, die durch die vielen Peitschenhiebe so verletzt wurden, dass sie bis heute nicht gut laufen kann und starke Schmerzen hat. Naeiri hat diese Strafen angeordnet. Er ist ein grausamer Mörder, wie ein Monster zerstörte er die Leben unzähliger Menschen. Wir verlangen, dass die von deutsche Justiz ihn verhaftet und verurteilt, und sich nicht an die Seite des mörderischen Regimes stellt und ihn entkommen lässt."
Auch Ulrike Becker, Forschungsleiterin vom Mideast Freedom Forum Berlin fordert die Strafverfolgungsbehörden zum Handeln auf: "Es ist nach dem Weltrechtsprinzip möglich und geboten, Naeiris Verbrechen in Deutschland zu ahnden. Die Verfolgung von schweren Menschenrechtsverbrechen dürfen nicht aus außenpolitischer Rücksichtnahme verschleppt werden, bis der Todesrichter das Krankenhaus wieder verlässt. Deutschland darf kein sicherer Hafen für Irans Todesrichter sein."
Quelle: Mideast Freedom Forum Berlin e.V. (ots)