Skandal-Doku? Die Mathematik hinter James Camerons "Das Jesus-Grab"
Archivmeldung vom 28.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie mediale Kritik an James Camerons neuer Dokumentation "Das Jesus-Grab", die am 26. Februar 2007 in New York der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, kam schnell und vernichtend: Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG schrieb schon einen Tag vor der Pressekonferenz, "dass die Interpretation der Funde jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt."
Weder in der FAS noch in zahlreichen weiteren, kritischen
Beiträgen kommt die von dem anerkannten Statistiker Andrey
Feuerverger eigens für die Dokumentation erarbeitete mathematische
Analyse des Talpiot-Fundes zur Spache. Nach Feuerverger steht die
statistische Chance dafür, dass es sich bei dem 1980 in Jerusalem
gefundenen Grab NICHT um das der Heiligen Familie handelt, bei nur
1:600.
Thomas von Hennet, Leiter Dokumentation bei ProSieben, zeichnete
für den Sender als Executive Producer für den Film verantwortlich:
"Niemand kann sich konstruktiver Kritik gegenüber verschließen.
Allerdings sollte man dabei voraussetzen, dass es tatsächlich um eine
Beschäftigung mit dem Programm geht und nicht nur um die Wiederholung
von bereits lange bestehenden Vorurteilen über den Talpiot-Fund.
Gerade die statistische Bewertung der gefundenen Inschriften, die
Jacobovici und Cameron zu einer zentralen Frage ihres Films machen,
darf man nicht einfach ignorieren."
Die Kritiker stützen sich meist auf den selben Fakt: Die
Inschriften auf den Knochenkästen, die in einem Felsengrab im
Jerusalemer Stadtteil Talpiot gefunden wurden, bezeichnen Namen (u.a.
"Jesus, Sohn des Joseph", "Maria", "Joseph"), die zu Jesu Zeiten sehr
häufig waren. Das Vorkommen biblischer Namen sei demnach reiner
Zufall - es sei unsinnig, zu vermuten, es handele sich um die Heilige
Familie. Genau dieser Annahme folgen jedoch die Macher von "Das
Jesus-Grab". DPA zitiert dazu am Abend des 26. Februar den
Bibel-Professor Zangenberg (Universität Leiden), der fachmännisch
konstatiert, den preisgekrönten Machern gehe es ausschließlich "um
Geld und Schlagzeilen". DEUTSCHLANDRADIO lässt sogar den deutschen
Archäologen Gunnar Lehmann sagen, hinter Camerons Jesus-Doku stecke
"keine seriöse Forschung" - das sei nichts weiter als "blühender
Unsinn".
Im Gegensatz zu diesen Aussagen, holte sich der
kanadisch-israelische Dokumentarfilmer und Emmy-Gewinner Simcha
Jacobovici während der Dreharbeiten die Hilfe des anerkannten
Statistikers Andrey Feuerverger von der Universität Toronto. Sein
erklärtes Ziel: Die Relevanz des Fundes sollte erstmals nach
statistischen Kriterien bewertet werden. Feuerverger verfasste für
die Produktion ein 90-seitiges Dossier, welches im Moment der
Fachwelt zur Diskussion vorliegt. In seiner mehrstufigen Kalkulation
wertete der Wissenschaftler die auf hunderten Ossuaren nachweisbaren
Namen und einen anerkannten Katalog von Namen aus
neutestamentarischer Zeit aus und gewichtete die in Talpiot
gefundenen entsprechend. Weiterhin eliminierte er systematisch
unsichere Faktoren wie z.B. den Namen "Matia" (nicht in den Schriften
belegt) aus der Rechnung. Professor Feuerverger kommt zu dem
Ergebnis, dass die rein statistischen Wahrscheinlichkeiten dafür,
dass es sich nicht um das Grab der Jesus-Familie handelt,
verschwindend gering sind.
Die statistische Analyse zeigt es deutlich: Die in Talpiot
gefunden Namen sind nur im Zusammenhang des Namens-Clusters
vernünftig zu bewerten. Thomas von Hennet: "Feuervergers Statistik
kann nicht die Frage beantworten, ob es sich bei dem in Talpiot
gefundenen Ossuaren tatsächlich um die der Heiligen Familie handelt.
Seine Rechnung zeigt aber deutlich, dass ein pauschales Nein-Sagen zu
Camerons Jesus-Theorie auf keinen Fall ausreicht."
"Das Jesus-Grab"
Originaltitel: The Lost Tomb of Jesus
Eine Produktion von Associated Producers für Discovery Channel
in Zusammenarbeit mit Vision TV, Channel 4, Monaco Film Hamburg und
ProSieben
Als Deutschland-Premiere
Executive Producers Deutschland: Werner Vennewald und Thomas von
Hennet
Produktionsland und -jahr: USA/CAN 2007
Quelle: Pressemitteilung ProSieben Television GmbH