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«In jedem Mann steckt eine Memme»

Archivmeldung vom 27.01.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.01.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Mann oder Memme? Dieser Frage muss sich seit Urgedenken jeder Mensch mit XY-Chromosom stellen. Die Mehrheit antwortet freilich mit «Mann». Nicht so eine Gruppe Ludwigsburger, die sich zum ersten Memmen-Stammtisch Deutschlands vereint hat.

Er duscht warm, sitzt in der Sauna ganz unten, spricht offen über seine Gefühle und weint auch einmal vor guten Freunden. Jörg Reuschenbach ist eine echte MemmeEine Memme ist laut Deutschen Wörterbuch ein furchtsamer und weichlicher Mensch. Das von memme, mamme (Mutterbrust, Euter) abgeleitete Wort ist seit dem 16. Jahrhundert bezeugt.. Einmal im Monat trifft er sich mit Gleichgesinnten – meist in einem Ludwigsburger Restaurant bei Weißwein, Sekt und orientalischen Spezialitäten. Beim Memmen-Stammtisch geht es gesittet zu, derbe Sprüche verkneifen sich die Herren, die von Außenstehenden an den weißen Hemden mit Vereinslogo am Kragen zu erkennen sind.

Jörg Reuschenbach ist Gründer und Präsident des Memmen-Stammtisches, der wohl bundesweit einzigartig sein dürfte. Die Idee hatten die sieben Stammtisch-Brüder aus dem Schwäbischen vor 17 Jahren während eines Tanzabends. «Da ging es um die Frage ‹Macho, Mann oder Memme›?, und wir haben festgestellt, dass wir nicht zu denen gehören, die immer auf die Pauke hauen müssen, sondern eher Memmen sind», erzählt Reuschenbach.

Wie bei jedem anständig geführten deutschen Verein gibt es auch beim Memmen-Stammtisch genau verteilte Aufgaben: Die Finanzmemme kümmert sich um die Vereinskasse, die Rettungsmemme ist für die Erste Hilfe zuständig, und die Präsentationsmemme vertritt die Gruppe nach außen hin. Aufgenommen wird nur, wer einstimmig von der Runde akzeptiert wird. «Es kam schon mal vor, dass wir jemanden aufgefordert haben, den Verein zu verlassen. Damit erhalten wir die Harmonie in unserem Kreis», sagt Reuschenbach. Das klingt nach hartgesottenen Weicheiern.

Aber, um frei nach Herbert Grönemeyer zu fragen: Wann ist der Mann eine Memme? Das weiß selbst eine Obermemme wie Reuschenbach nicht so genau. Warmherzig muss sie sein, ehrlich und über Gefühle sprechen können. Die Realität, das erlebt auch der 38-jährige Geschäftsführer einer Bauträgerfirma, sieht oft anders aus: «Vor allem im Beruf gilt es für Männer, die harte Machofassade zu wahren.» Dafür dürfen sie im Verein ihre weiche Seite zeigen, zu ihren Schwächen stehen und es menscheln lassen.

So wie Thomas, der vor Jahren aus Berlin zugezogen ist und nach einem gescheiterten Versuch künftig einen großen Bogen um den traurigen Ehehafen machen will. Vor einiger Zeit ging er als selbstständiger Unternehmer pleite. In den Memmen fand er verständnisvolle Zuhörer, vor ihnen konnte er seinen Tränen freien Lauf lassen.

Anfangs wurden die Ludwigsburger Memmen belächelt. Aber inzwischen sind sie zu einer festen Institution in der Stadt geworden, mischen bei vielen Festen mit, engagieren sich für soziale Zwecke und bekommen viel Lob – vor allem von Frauen, die immer wieder fragen, «ob sie ihren Mann gleich hier lassen können, damit er ein wenig verständnisvoller wird», sagt Reuschenbach.

Dass er und seine Stammtisch-Brüder vom anderen Ufer sind, weist der Schwabe von sich. «Das ist ein gängiges Vorurteil», klagt er. Dabei hat Memme zu sein nichts damit zu tun, besonders weiblich zu sein oder einer bestimmten «sexuellen Richtung» anzugehören. Nahezu alle Memmen des Vereins sind verheiratet und zum Teil mehrfache Väter. «Frauen fliegen auf Memmen», sagt Reuschenbach, der allerdings schon seit zwölf Jahren vergeben ist und zwei Kinder hat.

Machos haben beim weiblichen Geschlecht schon lange keine Chance mehr, sagt der Ludwigsburger. «Frauen suchen was Tiefgründiges.» Das könnten sie nach Meinung Reuschenbachs in jedem Mann finden; es liege nur an den Männern, ihre weiche Seite auszuleben.  «In Wahrheit», so seine Überzeugung, «steckt in jedem Mann eine Memme.»

Und ein bisschen Macho steckt auch in jedem Mann. Auch in Jörg Reuschenbach. Fürs Bügeln ist er nämlich gar nicht zu gewinnen, diese unangenehme Arbeit überlässt er lieber seiner Frau.

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