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Gutachten: Komplette Neuorganisation des Fernverkehrs erforderlich

Archivmeldung vom 03.01.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.01.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Deutschland
Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Deutschland

Foto: Michael Bienick
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Der geplante sogenannte "Deutschlandtakt" bei der Bahn erfordert nach einem Gutachten eine völlige Neuorganisation des Fernverkehrs auf der Schiene. "Es steht zu befürchten, dass die Grenzen des Wachstums mit der aktuellen Organisation und Finanzierung des Fernverkehrsangebots bald erreicht sein werden", heißt es in einem Gutachten der Beratungsgesellschaft KCW für die Grünen-Bundestagsfraktion, über das die Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland" in ihren Freitagausgaben berichten.

Das bestehende Marktmodell habe dazu geführt, dass viele Städte vom Fernverkehr abgehängt worden seien. Laut KCW-Studie sind zahlreiche Oberzentren in Deutschland nicht oder nicht mehr direkt an den überregionalen Verkehr angebunden. Dazu zählen etwa Städte wie Görlitz, Cottbus, Bremerhaven, Mönchengladbach, Brandenburg, Potsdam oder Heilbronn. Sie kommen den Angaben zufolge jeweils auf weniger als vier Fernverkehrszugpaare am Tag. Der Studie zufolge gibt es bisher keinen Mechanismus, der verbindlich absichere, dass das nach dem Zielfahrplan für den "Deutschlandtakt" angedachte Zugangebot auch tatsächlich gefahren werde. Die Regierung vertraue auf "die Selbstheilungskräfte des Marktes".

Zwei Alternativen zum Status Quo dekliniert das Gutachten durch: Zunächst ein Modell mit günstigeren Preisen für die Nutzung bestimmter Strecken. So werden niedrigere Gebühren für das Anbieten von Fernzügen auf Strecken vorgeschlagen, auf denen der "Deutschlandtakt" gefahren wird. Auch heute nicht meh r bediente Fernverkehrsverbindungen wie zwischen Görlitz und Cottbus oder Leipzig und Chemnitz könnten so wieder attraktiv werden. Für lukrative "Rennstrecken" sei es dagegen möglich, Neubaustreckenzuschläge zu verlangen. Und um ein "Rosenpicken" der Anbieter zu verhindern, könnte am Ende sogar eine Bedienpflicht für ganze Trassenbündel eingeführt werden.

"In einem weiteren Schritt sollte der Bund den Übergang zum Konzessionsmodell organisieren. In diesem Modell besteht die höchste Verbindlichkeit, dass das Angebot des "Deutschlandtakts" tatsächlich auch gefahren wird und sich so der Nutzen für den Fahrgast entfalten kann", sagte Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, dem RND. "Der Bund vergibt in diesem Modell auf mindestens fünf Jahre Konzessionen für den Betrieb von Fernzügen." Durch Mischung von starken und eher schwachen Fernverkehrsstrecken werde auch wirtschaftlich möglichst für ein tragfähiges Angebot gesorgt. Gastel sagte, der Deutschlandta kt werde sich nicht von selbst einstellen und könne auch nicht allein der Deutschen Bahn AG überlassen werden: "Wir brauchen zur bundesweiten Umsetzung des Deutschlandtakts daher ein neues Organisationsmodell für den Fernverkehr auf der Schiene."

Die Studie plädiert nicht nur für mehr Fernzug-Wettbewerb. Empfohlen wird auch eine stärkere staatliche Steuerung: Deutschland sei das einzige EU-Land ohne eine Institution auf nationaler Ebene mit Zuständigkeit für die Bestellung von Fernverkehr. Soll das geändert werden, hätte dies allerdings sehr konkrete Folgen. Der Bund, heißt es im KCW-Gutachten, trage in diesem Modell "das direkte wirtschaftliche Risiko".

Quelle: dts Nachrichtenagentur


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