Zentralrat der Juden bricht Dialog mit katholischer Kirche ab
Archivmeldung vom 29.01.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDie Präsidentin des Zentralrats der Juden, Knobloch, unterbricht "vorerst" den Dialog mit der katholischen Kirche und begründet dies mit der Rehabilitierung des Bischoffs Williamson durch Papst Benedikt XVI; Williamson hatte den Holocaust öffentlich geleugnet
Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat den Dialog mit der katholischen Kirche vorerst abgebrochen. Sie zieht damit laut einem Bericht der "Rheinischen Post" die Konsequenzen aus dem Eklat um die Holocaust-Äußerungen des erzkonservativen britischen Bischofs Richard Williamson.
In einem im Landkreis Regensburg aufgezeichneten Fernsehinterview hatte Williamson behauptet, die historische Evidenz spreche gegen die Existenz von Gaskammern zur NS-Zeit. Auch seien nicht sechs Millionen Juden, sondern 200.000 bis 300.000 Juden von den Nazis ermordet worden. Trotz dieser Äußerung hatte Papst Benedikt XVI. am Wochenende die Exkommunizierung Williamsons aufgehoben.
"Unter solchen Voraussetzungen wird es zwischen mir und der Kirche momentan sicher kein Gespräch geben", so Knobloch. Sie betonte jedoch, dass dies kein dauerhafter Bruch sei: "Ich unterstreiche das Wort 'momentan'." Sie wünsche sich einen Aufschrei der Kirche gegen ein solches Vorgehen des Papstes. "Ich habe es hier nicht mit Menschen zu tun, die nicht wissen was sie tun", so Knobloch weiter. Der Papst sei einer der gebildetsten und intelligentesten Menschen, die die katholische Kirche habe, und jedes Wort, das er ausspreche, das meine er auch.
Papst Benedikt XVI. nahm am Mittwoch erstmals Stellung zu den Äußerungen Williamsons. Er empfinde "volle und unstrittige Solidarität" mit den Juden, sagte er während einer öffentlichen Audienz in Rom. Er hoffe, dass die Erinnerung an den Holocaust auch als Warnung diene vor "der unberechenbaren Kraft des Bösen, wenn es die Herzen der Menschen erobert".
Knobloch zeigte sich erfreut über die klaren Worte des Papstes. Gleichzeitig forderte sie aber weitere Schritte. Einen Holocaust-Leugner in eine Religion wieder aufzunehmen, in die er eigentlich überhaupt nicht gehört, sei etwas, was sie nicht akzeptieren könne, sagte sie in der Tagesschau.
Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller verteidigte dagegen die Rehabilitierung Williamsons. Die Aufhebung der Exkommunikation und die Empörung über Williamsons Leugnung der Shoah seien zwei verschiedene Vorgänge, die voneinander getrennt betrachtet werden müssten, sagte er der "Passauer Neuen Presse". Gegen das "idiotische und infame Herumfabulieren" Williamsons müsse mit anderen Mitteln vorgegangen werden, so Müller.