Staatsanwalt im Fall Barschel - "Mordverdacht ist erhärtet"
Archivmeldung vom 15.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Leitende Oberstaatsanwalt in Lübeck, Heinrich Wille, sagte in einem Interview mit der Berliner Morgenpost (Sonntagsausgabe), dass sich im Laufe der Ermittlungen der Verdacht für einen Mord an Uwe Barschel erhärtet habe. Es gebe zahlreiche Indizien für ein Verbrechen.
Der ehemalige Ministerpräsident von
Schleswig-Holstein war am 11. Oktober 1987 tot in einem Genfer
Hotelzimmer gefunden worden. Die Lübecker Staatsanwaltschaft hatte
sich von 1994 bis 1998 mit dem Fall beschäftigt.
Staatsanwalt Wille weiter: "Die Spuren im Genfer Hotelzimmer, in
dem Barschel gestorben war, deuten auf einen gewaltsamen Tod hin.
Beispielsweise wurde eine Whiskyflasche, in dem sich das Mittel
Diphenhydramin befunden hatte, ausgespült. Die Lage der Schuhe lässt
ebenfalls den Schluss zu, dass Barschel nicht freiwillig in die Wanne
gestiegen war." Außerdem sei im Flur des Hotelzimmers ein
ausgerissener Hemdknopf gefunden worden. "Die Krawatte an der Leiche
war aber so gebunden, dass ein Ausriss des Knopfes nicht so ohne
Weiteres möglich gewesen wäre. Zudem hatte der Tote ein Hämatom auf
der rechten Stirnseite, das auf Gewalteinwirkung hindeutete.", so
Wille.
Es habe, so Wille, Kräfte gegeben, die die Ermittlungen nicht
wollten. "1997 wurden beispielsweise aus dem Umfeld des damaligen
Generalstaatsanwaltes Details des Verfahrens in die Öffentlichkeit
lanciert, um offenbar Spuren bekannt zu machen und die Ermittlungen
zu stoppen. So wurde unter anderem publik, dass wir auch Hinweise zur
Mafia verfolgt hatten. Das hat sogar dazu geführt, dass Staatsanwälte
bedroht wurden", sagte Wille der Morgenpost. Er sei bedroht worden,
und es habe politischen Druck gegeben.
Laut Wille sei die Tatortarbeit der Genfer Polizisten nicht
sorgfältig durchgeführt worden. "Zudem wissen wir nicht, ob wir von
Behörden wie dem Bundesnachrichtendienst und der CIA wirklich richtig
informiert worden sind. Der Fall zeigt die Grenzen des Rechtsstaates
auf".
Die Ermittlungen seien eingestellt worden, weil es keine täterbezogenen Spuren gegeben habe. "Der Anfangsverdacht des Mordes besteht aber nach wie vor", sagt Wille in dem Interview. Hinweise habe es beispielsweise auf einen mögliche Beteiligung von Geheimdiensten am Tod von Barschel gegeben. Beweise dafür seien aber nicht gefunden worden. "Die Geschichte bleibt ein Rätsel", lautet das Fazit des Staatsanwaltes.
Quelle: Pressemitteilung Berliner Morgenpost