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Neuer Vorstoß für Kreationismus an evangelischen Bekenntnisschulen

Archivmeldung vom 12.04.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.04.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: daniel stricker / pixelio.de
Bild: daniel stricker / pixelio.de

Das nordrhein-westfälische Schulministerium und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zeigen sich alarmiert wegen Bestrebungen, an evangelischen Bekenntnisschulen, den Unterricht in naturwissenschaftlichen Fächern für biblische Schöpfungslehren zu öffnen. Anlass ist eine Stellungnahme zum Thema "Evolution und Schöpfungslehre", die seit einiger Zeit auf der Homepage des Verbands Evangelischer Bekenntnisschulen (VEBS) steht und von dem Geschäftsführer der bibeltreuen "Studiengemeinschaft Wort und Wissen", Reinhard Junker, verfasst wurde.

"Die geltende Rechtslage lässt keine Freiräume für die Behandlung des Themas `Schöpfung und Evolution` in der von Herrn Junker vorgeschlagenen Form zu", teilte das nordrhein-westfälische Schulministerium der "Welt" auf Anfrage mit. Auch christliche Bekenntnisschulen, so das Ministerium, seien an die geltenden Richtlinien und Lehrpläne gebunden, und laut denen werde im Biologieunterricht "ganz klar auf der Basis naturwissenschaftlich belegbarer Beweisführung Evolution unterrichtet".

Auch die EKD distanzierte sich von der Stellungnahme des VEKS, der mit der EKD organisatorisch nicht verbunden ist. Sie sehe es "kritisch, dass der VEBS diese Empfehlungen veröffentlicht hat", sagte Birgit Sendler-Koschel, Leiterin der Bildungsabteilung im EKD-Kirchenamt, der "Welt". Schließlich gebe es "für evangelische Schulen ja keinen Markenschutz", so dass der Eindruck entstehen könne, "dass es sich hier um Empfehlungen für evangelische Schulen im Allgemeinen handelt". Das aber sei nicht der Fall. "Vielmehr halten wir diese Empfehlungen für extrem verunklarend. Sie verwischen den grundlegenden erkenntnistheoretischen Unterschied zwischen einerseits den biblischen Schöpfungserzählungen und andererseits der naturwissenschaftlichen Forschung, wie sie in der Evolutionstheorie ihren Ausdruck findet." Sie habe, so Sendler-Koschel, "den Eindruck, dass diese Empfehlungen einer der sich in den letzten Jahren häufenden Versuche sind, kreationistische Lehren an den Schulen unterzubringen". Hierüber sei bei Bedarf im Arbeitskreis evangelischer Schulen (AKES) in der EKD zu sprechen. "Wir sind zwar nicht gewillt, dort kreationistischen Positionen ein Forum zu geben, aber falls nötig werden wir im Arbeitskreis deutlich machen, dass wir aus theologischen und schulpädagogischen Gründen diese Empfehlungen ablehnen", sagte Sendler-Koschel. In der genannten Stellungnahme auf der VEBS-Homepage wird es als "Ausdruck einer Ideologisierung" bezeichnet, wenn biblische Schöpfungslehren nicht an der wissenschaftlichen Diskussion über die Befunde der Biologie und Physik zur Entstehung von Universum und Leben beteiligt würden. Wörtlich heißt es dort: "Übernatürliche Schöpfung ist Ausgangspunkt für die Deutung naturwissenschaftlicher Daten. Die wissenschaftlichen Daten, die durch Schöpfung gedeutet werden, sind dieselben wie die Daten, die durch Evolution gedeutet werden. Die naturwissenschaftliche experimentelle Forschung unterscheidet sich methodisch nicht von Forschung im Rahmen der Evolutionsanschauung. Der prinzipielle Ausschluss von anderen Antworttypen als Evolution, also die Festlegung auf Evolution, ist Ausdruck einer Ideologisierung. Zur wissenschaftlichen Vorgehensweise gehört die Offenheit für verschiedene Antworten."

Der Berliner Paläontologe und Geobiologe Reinhold Leinfelder, von 2006 bis 2010 Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, sagte der "Welt", bei einer Umsetzung jener Stellungnahme im Unterricht würden "Schüler in grotesker Weise falsch über das Wesen der Wissenschaft unterrichtet". Es sei "falsch und gefährlich", so Leinfelder, "die biblische Schöpfungslehre der Evolutionstheorie gleichberechtigt an die Seite zu stellen, wie es in diesen Empfehlungen beschrieben wird". Der Text suggeriere zwar, "dass man die wissenschaftliche Evolutionstheorie achten und würdigen wolle", praktiziere aber "das Gegenteil" - indem nämlich behauptet werde, "Wissenschaft sei bloß eine Philosophie, eine Art Weltanschauung, neben der gleichberechtigt die religiöse Weltanschauung stehen könnte", sodass man dann nach "Harmonisierungsmöglichkeiten" suchen müsse. Die gebe es nicht, "weil Wissenschaft und Religion zwei völlig unterschiedliche Kategorien sind, die nicht dasselbe beschreiben".

Leinfelder weiter: "Wenn die Evolutionstheorie bestimmte Phänomene nicht erklären kann oder Lücken in der Befundlage feststellt - was zum täglichen Brot der Wissenschaft gehört, dann muss weiter geforscht, müssen die Hypothesen überprüft werden. Es besteht aber keinerlei Anlass, den Glauben in die Lücken springen zu lassen."

Der VEBS hat nach eigener Auskunft auf der Homepage des Verbandes "30.000 Schülerinnen und Schüler an 168 Schulen". Im Verzeichnis der "Mitgliedsschulen" werden allerdings nur 46 genannt, von denen sich die meisten in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg finden. Diese freien Schulen erhalten staatliche Zuschüsse und unterliegen der staatlichen Schulaufsicht. Zu der genannten Stellungnahme schreibt der Verband: "Wir empfehlen die Ausführungen zur Orientierung und Auseinandersetzung in den Fachkollegien in Religion und Naturwissenschaften".

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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