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Spuren einer als Nervengift eingestuften Chemikalie in Flugzeugkabinen gefunden

Archivmeldung vom 02.02.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.02.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wie das ARD-Wirtschaftsmagazin "+- plusminus" berichtet (Dienstag 03.02.2009, 21.50 Uhr im Ersten), ist die Luft an Bord von Linienmaschinen längst nicht so sauber, wie immer angenommen wird.

In Zusammenarbeit mit der Redaktion "Kassensturz" vom Schweizer Fernsehen wurden in den vergangenen Monaten bei Stichproben über 30 Abstriche in Verkehrsflugzeugen namhafter Fluggesellschaften gemacht. 28 Proben weisen zum Teil sehr hohe Anteile von Trikresylphosphat, kurz TCP, auf. Dabei handelt es sich um eine ausschließlich dem Triebwerksöl beigefügte Chemikalie, aus der Gruppe der organischen Phosphate, die als Nervengift bekannt ist.

Die Stichproben wurden durch den weltweit anerkannten Toxikologen, Professor Christiaan van Netten von der Universität in British Columbia, Kanada ausgewertet. Professor van Netten ist nicht nur durch zahlreiche Fachpublikationen ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, er hat auch für im Auftrag der Federal Aviation Administration (FAA) die Belastung der Kabinenluft in Flugzeugen erforscht.

Da die Kabinenluft in Verkehrsflugzeugen in der Regel nicht gefiltert wird, können bei Störfällen die Verbrennungsrückstände des Öls über die Klimaanlage auch in die Kabinenluft gelangen und dort von Besatzung und Passagieren eingeatmet werden. In diesem Zusammenhang sind seit 1983 weltweit zahlreiche Fälle bekannt geworden, bei denen vermutet werden muss, dass Besatzungsmitglieder und Passagiere in Folge solcher Kabinenluft-Kontamination erkrankt sind. Es wird jedoch eine weitaus höhere Dunkelziffer vermutet, weil zwischen dem Ereignis und den sofort bzw. auch noch nach einigen Wochen auftretenden Symptomen, nicht immer ein direkter Zusammenhang hergestellt werden kann. Fluggesellschaften haben Passagiere nicht immer über solche Vorfälle aufgeklärt. Seit 1999 werden die gesundheitlichen Schädigungen auch als "Aerotoxisches Syndrom" bezeichnet.

Infolge von Störfällen mit Ölrückständen in der Atemluft wird auch die Flugsicherheit gefährdet. "+- plusminus" sind auch in Deutschland Fälle bekannt geworden, bei denen die Piloten in ihrer Handlungsfähigkeit erheblich eingeschränkt waren oder sogar ganz ausfielen. Besonders Berufspiloten und Flugbegleiter sind nach Recherchen von "+- plusminus" einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt. Sie sind angehalten solche Vorfälle unverzüglich anzuzeigen. Doch trotz der gesetzlichen Verpflichtung, solche "Kontaminations-Ereignisse der Kabinenluft" der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung zu melden, gehen dort noch längst nicht alle Meldungen ein.

Während Probleme mit kontaminierter Kabinenluft im englischsprachigen Raum bereits seit über 10 Jahren bekannt sind, ist das Phänomen hierzulande eher unbeachtet geblieben.

"+- plusminus" hat herausgefunden, dass in Deutschland erste Klagen von Flugpersonal vor den Arbeitsgerichten anhängig sind. Die Betroffenen bemängeln, sie seien in Folge der Belastung von verunreinigter Kabinenluft flugdienstuntauglich geworden und es gäbe bislang keine ausreichenden Gefährdungsanalysen seitens der Arbeitgeber. Auch gibt es bisher keinerlei Sensoren an Bord, die in einem solchen Fall Besatzung und Passagiere warnen.

Trikresylphosphat gehört zu der Gruppe der organischen Phosphate wie beispielsweise auch das Nervengift Sarin. Über die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus gibt es bislang nur wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse in Bezug auf die Einnahme, beispielsweise über die Nahrung, nicht jedoch über die Inhalation in einer Druckkabine, wie im Flugzeug.

Quelle: WDR

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