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Müller: Seltsame Gleichgültigkeit zwischen Deutschen und Franzosen

Archivmeldung vom 22.02.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Robin Backes / pixelio.de
Bild: Robin Backes / pixelio.de

Zweifel an der Reformfähigkeit Frankreichs hat der Direktor des Münsteraner Kunstmuseums Pablo Picasso, Markus Müller, geäußert. "Das Paradoxe ist, dass man den Eindruck haben kann, dass Frankreich nicht reformierbar ist", sagte Müller.

"Vielen Franzosen sind diese Probleme bewusst, auch die Notwendigkeit, länger arbeiten zu müssen und später in Rente gehen zu dürfen", kommentierte Müller in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" die Proteste der Gelbwesten und die Demonstrationen gegen die Rentenreform des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dabei äußerte Müller Verständnis für die seiner Meinung nach eigentliche Bedeutung der Massenproteste. "Es geht eher um eine Revolte gegen eine elitäre Führungsschicht und deren Stil der Kommunikation. Im Hintergrund steht die Abneigung gegen die Verwaltungshierarchie und eine Elite, die die Bedürfnisse der Menschen und deren soziale Nöte gar nicht kennt", sagte Müller weiter zu den Protesten.

Der Kunsthistoriker konstatierte weiter im Verhältnis der Deutschen und Franzosen ein zunehmendes Desinteresse für das jeweils andere Land. "Ich sehe eine schwindende Zahl von Jugendlichen und Studierenden, die sich vital für Frankreich interessieren. Ich weiß nicht, woher diese Indifferenz kommt. Womöglich liegt eine Gefahr darin, dass Frankreich oft als ein Museumsland wahrgenommen wird, das mit kulturellen Gipfelleistungen punktet", analysierte der Museumschef, der über exzellente Kontakte in die französische Kulturszene verfügt und zuletzt den französischen Multimillionär und Kunstsammler François Pinault bei seinen Ankäufen beriet. "Umgekehrt sehe ich kein sehr lebendiges Verhältnis der Franzosen zu uns. In der französischen Presse werden wir immer als die unbeliebten Musterschüler Europas gesehen", sagte Müller. Er sehe eine "seltsame Gleichgültigkeit" zwischen Deutschen und Franzosen.

Zugleich empfiehlt Markus Müller den Deutschen, sich kulturell weiter an den Franzosen zu orientieren. Das gelte vor allem für die Alltagskultur. "Die Franzosen gestalten ihren Alltag ästhetischer als die Deutschen, ihr Leben ist von einem gewissen Sinn für Schönheit geprägt. Das fängt bei der Wohnungseinrichtung an und geht bis zur Esskultur. Kultur ist in Frankreich weiter gefasst als bei uns. Sie ist kein Reservat, auch nicht museal. Auch das eigene Haus ist Kultur", beschrieb Müller die Rolle der Kultur im Alltag der Franzosen. Der Museumschef hob zugleich das besondere Verhältnis der Franzosen zu ihrer Geschichte hervor. "Sie haben keinen Bruch mit ihrer Geschichte. Sie sind stolz auf Tradition und Historie, von der sie sich ableiten. Sie ruhen damit mehr in sich", zog der Münsteraner Museumschef den Vergleich mit Deutschland und den Deutschen.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)


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