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Totes Flüchtlingsbaby: Eltern beklagen mangelnde Hilfe

Archivmeldung vom 12.02.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.02.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
NDR Norddeutscher Rundfunk
NDR Norddeutscher Rundfunk

Nach dem Tod des syrischen Flüchtlingsbabys Rana A. erheben die Eltern schwere Vorwürfe bezüglich der medizinischen Versorgung in der Zentralen Erstaufnahmestelle Rugenbarg in Hamburg-Osdorf. Die Eltern geben an, sie hätten mit ihrem Kind zwei Mal innerhalb von drei Tagen die ärztliche Sprechstunde in der Unterkunft aufgesucht. Die Ärzte dort hätten jedoch auch beim zweiten Termin eine Überweisung ins Krankenhaus abgelehnt und ihnen stattdessen fiebersenkende Mittel ausgehändigt. Der medizinische Dienst in der Zentralen Erstaufnahme Rugenbarg wird vom Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) betrieben.

Gegenüber dem NDR Politikmagazin "Panorama 3" schildern die Eltern den Ablauf: Ein erster Arztbesuch mit dem Kind am Mittwoch, 21. Januar, war nur auf Intervention eines Helfers zustande gekommen, da die Familie nicht in die Warteliste eingetragen war. "Ich habe dem Arzt erzählt, dass sie Fieber hat und dass sie die ganze Zeit erbrochen hat. Er hat mir fünf Paracetamol-Zäpfchen gegeben. Er hat nicht gesagt, dass wir nochmal zur Nachkontrolle kommen sollen", sagt der Vater Ibraheem A. Als sich der Zustand seiner Tochter weiter verschlechterte, habe er am Donnerstag erneut den medizinischen Dienst aufgesucht: "Ich bin nicht reingekommen, weil ich keinen Termin hatte. Die Warteliste an der Tür war schon voll und die Tür war verschlossen."

Nach Auskunft der Eltern verschlechterte sich der Zustand von Rana A. weiter. Die Eltern trugen sich für einen Arzttermin am Freitag auf der Warteliste ein. "Wir hatten zwar einen Termin zwischen zehn und elf Uhr, sind aber erst nachmittags um 15 Uhr drangekommen", berichtet Ibraheem A. "Es war eine Ärztin dort, die hat nur ihre Ohren untersucht und ich habe ihr die ganze Zeit gesagt, dass sie Fieber hat, dass sie erbrochen hat, dass sie sich übergeben hat, dass sie Durchfall hat. Ich habe die Ärztin gebeten, mir eine Überweisung fürs Krankenhaus zu schreiben, aber sie hat gesagt, nein, das würde sie mir nicht empfehlen, weil sie dort auch wieder drei, vier Stunden warten würden und sie würden dort auch nur sagen, dass sie eine Virusinfektion hat."

Die Familie war nach eigenen Angaben auf eine Überweisung der Ärzte in der Zentralen Notaufnahme in ein Krankenhaus angewiesen. Normalerweise sollen Asylbewerber in Hamburg innerhalb von zwei Wochen eine Gesundheitskarte erhalten. Mit dieser hätten sie auch eigenständig in ein Krankenhaus fahren können. Eine solche Karte hatte die Familie allerdings nicht, auch kein vorläufiges Papier. Dabei lebte die Familie bereits seit Oktober in der Zentralen Erstaufnahme Rugenbarg.

Der Vater bat um 22 Uhr am Freitag einen Sicherheitsmann um Hilfe. Doch erst als er sich um 23 Uhr direkt an die Sanitäter vor Ort wandte, fuhren sie das Baby ins Kinderkrankenhaus Altona. "Am nächsten Morgen kam der Arzt zu mir und hat mir gesagt, dass die Situation meiner Tochter ziemlich kritisch ist. Er vermutete einen Salmonellen-Vergiftung oder eine koronare Infektion."

Einen Tag danach wurde das Baby ins Universitätsklinikum Eppendorf verlegt. Dort starb Rana A. am 3. Februar. Die offizielle Todesursache lautet "multiples Organversagen". Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet.

Die Hamburger Gesundheitsbehörde wollte mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren keine Einzelheiten zum Fall des verstorbenen Kindes bekannt geben. Nach Prüfung der bisher vorliegenden Informationen sehe die Behörde keine Lücken in der Organisation der medizinischen Versorgung in der ZEA am Rugenbarg.

Das Universitätskrankenhaus Eppendorf äußerte sich auf Anfrage bisher nicht zu den Schilderungen der Eltern.

Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)

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