Berliner Hauptbahnhof noch teurer als bisher bekannt
Archivmeldung vom 26.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Hauptbahnhof war noch teurer als bisher bekannt. Zu den von der Bahn genannten Kosten von rund einer Milliarde Euro für den Bahnhof und den Tunnelbereich bis zur Spree kommen noch die Aufwendungen für die beiden Büro-Bügelbauten, die das Glasdach überspannen. Sie haben nach Angaben aus der Bahn nochmals rund 200 Millionen Euro gekostet.
Der Absturz einer Querstrebe an
diesen Bügelbauten während des Orkans Kyrill in der Nacht zu Freitag
hat zudem einen Millionenschaden an dem Gebäude verursacht.
Die Bürogebäude liegen wie ein Bügel über dem Glasdach und haben
deshalb diese Bezeichnung erhalten. Der Architekt Meinhard von Gerkan
wollte mit den schiefwinklig angeordneten zwei Gebäuderiegeln an der
Oberfläche den Verlauf der neuen unterirdischen Nord-Süd-Verbindung
symbolisieren.
Bei der Präsentation des Modells Mitte der 90er Jahre war daran
gedacht worden, die Bauten für Büros und ein Hotel zu nutzen. Trotz
intensiver Suche fand die Bahn aber keine Mieter. Bahnchef Hartmut
Mehdorn erwog deshalb bereits, auf den Bau der Bügelbauten zu
verzichten. Weil sie aber auch das Nord-Süd-Dach über der
Eingangshalle des Bahnhofs tragen, wurden sie am Ende doch gebaut.
Jetzt will die Bahn dort selbst einziehen - wahrscheinlich auch mit
dem Konzernvorstand, der bisher im "Bahntower" im Sony-Center am
Potsdamer Platz sitzt - und dort eine sehr hohe Miete zahlt. Um beide
Gebäude im Hauptbahnhof selbst nutzen zu können, ließ die Bahn
bereits zwei Verbindungsbrücken einbauen.
Hätten sich die Bügelbauten vermieten lassen, wäre für die Bahn
eventuell ein Hochhaus auf der Nordseite des Bahnhofs gebaut worden.
Extra für die Bahn hätte es höher als geplant werden dürfen; statt
100 Meter hätte es 150 Meter in den Himmel geragt. Ob es jetzt
trotzdem gebaut wird, ist ungewiss.
Der insgesamt 1,2 Milliarden Euro teurere Hauptbahnhof sollte
ursprünglich viel billiger werden. Das fast fertig ausgearbeitete
Modell der Ingenieurgesellschaft für die Planung der Verkehrsanlagen
im Zentralen Bereich (IVZ) fand jedoch keinen Gefallen beim damaligen
Bahnchef Heinz Dürr. Als "Tankstellenarchitektur" war der
herkömmliche Bahnhofsbau bezeichnet worden.
Die Bahn entschied sich dann für den Gerkan-Entwurf. Einen großen
Wettbewerb hatte es nicht gegeben. Mit Josef Paul Kleihues hatten die
Bahn und der Senat nur einen weiteren Konkurrenten zugelassen. Der
Sieger soll nach Tagesspiegel-Informationen von Anfang an
festgestanden haben.
Als Hartmut Mehdorn an die Spitze der Bahn kam, war der Hauptbahnhof
bereits im Bau; Kosten- und Zeitplan längst aus dem Ruder gelaufen.
Der damals neue Bahnchef ließ deshalb das Glasdach des Bahnhofs
verkürzen und später statt einer aufwändigen Gewölbedecke im
Untergeschoss eine seiner Ansicht nach billigere Flachdecke einbauen.
Diese muss nach einer erfolgreichen Klage von Gerkans wieder entfernt
werden, wenn das Urteil des Landgerichts in letzter Instanz bestätigt
werden sollte. Die Bahn hat für den Ausbau der Decke weitere Kosten
in Höhe von etwa 40 Millionen Euro veranschlagt.
Unabhängig davon wird der Hauptbahnhof für die Bahn immer ein
Verlustbringer sein. Die Geschäfte bringen ihr jährlich nur eine
Mieter zwischen sechs und acht Millionen Euro; zu wenig, um die
Baukosten jemals wieder hereinzuholen. Für Mehdorn ist so längst
klar: Noch einmal würde man den Bahnhof so nicht bauen. Doch jetzt
muss die Bahn damit leben.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel