Control 2.0: Geheimdienste setzen aufs Internet
Archivmeldung vom 23.04.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittStatt das Internet zu zensieren, lassen Geheimdienste einzelner Staaten Regime-Gegner agieren, um sie mit Hilfe sozialer Netzwerke zu manipulieren und zu identifizieren. Aus der demokratiefördernden Technik wird so ein Herrschaftsinstrument autoritärer Regime, schreibt das Computermagazin c't in der aktuellen Ausgabe 10/11.
Die Bedeutung sozialer Netzwerke für die Umbrüche im Nahen Osten ist unbestritten. Während die vormalige ägyptische Regierung das Netz mit der Folge von enormen wirtschaftlichen Schäden für fünf Tage ganz außer Gefecht setzte, filtern Länder wie China, Burma oder der Iran unliebsame Inhalte aus - mittels Technik, die vorrangig Unternehmen aus westlichen Industriestaaten liefern.
Autoritäre Regime wie etwa Belarus setzen inzwischen zunehmend auf effektivere Methoden als plumpe Zensur. Reporter ohne Grenzen hat dafür den Begriff "Control 2.0" geprägt. "Früher musste der KGB Leute foltern, wenn er die Informationen haben wollte, die er jetzt durch Facebook und Twitter bekommt", zitiert das Computermagazin c't den aus Belarus stammenden Forscher und Blogger Evgeny Morozov. Nach der Niederschlagung der Proteste gegen die Präsidentenwahl in Belarus 2006 verlegten sich die Regime-Gegner auf Flashmobs, die sie über soziale Netzwerke organisierten. Oft tauchte die Polizei noch vor den Flashmobbern auf und nahm nicht nur Demonstranten fest, sondern machte auch Fotos, die mit Porträts aus dem Netz abgeglichen wurden. Ähnlich agierten iranische Behörden während der sogenannten Twitter-Revolution.
"Das Internet ist neutral, es ist nicht politisch", erläutert c't-Redakteur Jürgen Kuri. "Soziale Netzwerke und Smartphones sind Demokratiekatalysatoren. Sie können aber auch als Herrschaftsinstrumente eingesetzt werden."
Quelle: c't