VZBV-Chef fürchtet Einschnitte bei Flugpassagier-Rechten in Europa
Archivmeldung vom 12.02.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV), Klaus Müller, hat vor Einschnitten bei den Verbraucherrechten von Flugpassagieren in Europa gewarnt. Pläne in der EU zur Änderung der Entschädigungsansprüche bei Flugverspätungen sehe er "mit großer Sorge", sagte Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Es sei zu befürchten, "dass Verspätungen im Flugverkehr deutlich zunehmen werden", denn den Fluggesellschaften werde ein Anreiz zur Pünktlichkeit fehlen, so der VZBV-Chef weiter. Er bezog sich auf aktuelle Bemühungen der kroatischen EU-Ratspräsidentschaft, in Brüssel die Beratungen über eine Novellierung der EU-Fluggastrechte-Verordnung in den nächsten Monaten voranzutreiben.
Ein schon älterer Vorschlag der EU-Kommission und ein neues, vertrauliches Papier der kroatischen Ratspräsidentschaft, über das die Zeitungen berichten, sähen vor, dass Flugreisende nicht mehr wie bisher ab drei Stunden Verspätung einen Anspruch auf Entschädigung hätten, sondern erst bei größeren Verspätungen. Nach dem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission solle der Anspruch frühestens ab fünf Stunden greifen bei Flugdistanzen unter 3.500 Kilometern, darüber nach sieben Stunden, bei Langstreckenflügen über 6.000 Kilometern sogar erst ab zwölf Stunden.
"Wenn der Entschädigungsanspruch - wie von der Kommission vorge schlagen - erst ab fünf Stunden für Kurzflüge gelten soll, würde die überwiegende Zahl der Verspätungsfälle nicht mehr unter die Regelung fallen", sagte Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Den Flugpassagieren drohe "eine deutliche Verschlechterung ihrer Verbraucherrechte." Zugleich würde die Regelung ihre Lenkungswirkung verlieren: "Bisher hatten die Airlines wegen der Entschädigungspflicht einen großen Anreiz zur Pünktlichkeit. Auch deshalb haben Flüge in Europa im Durchschnitt weniger Verspätung als etwa in den USA. Dieser Anreiz fiele nun weg", so der oberste Verbraucherschützer weiter. "Die auf dem Ticket angegebenen Flugzeiten würden an Aussagekraft verlieren", sagte Müller.
Der SPD-Verkehrsexperte im EU-Parlament und Vizechef der sozialdemokratischen Fraktion, Ismail Ertug, kündigte bereits Widerstand gegen einen Abbau der Entschädigungsansprüche an. Die Ideen, die von der kroatischen Ratspräsidentschaft diskutiert würden, seien "aus Verbrauchersicht alles andere als eine gute Neuigkeit", sagte Ertug den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Als Parlament werde man "vehement gegen eine Aufweichung der bestehenden Rechte kämpfen." Bislang müssen Airlines in der EU ihre Passagiere bei Flugverspätungen von mehr als drei Stunden mit 250 bis 600 Euro pro Person entschädigen, sofern die Gesellschaften für das Problem verantwortlich sind. Ausgenommen sind außergewöhnliche Umstände, etwa durch Unwetter. Die EU-Kommission hatte schon 2014 einen überarbeiteten Vorschlag zur Novellierung der EU-Fluggastrichtlinie vorgelegt, der aber wegen eines spanisch-britischen Streits um Regelungen für Gibraltar jahrelang auf Eis lag. Durch den Brexit ist diese Blockade nun beendet und der Weg für neue Beratungen frei.
Quelle: dts Nachrichtenagentur