Widersprüchliches Urteil im Prozess gegen Gegnerin des Flughafenausbaus
Archivmeldung vom 16.04.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach drei Verhandlungstagen und über zwanzig Verhandlungsstunden hat das Amtsgericht Frankfurt gestern am späten Abend die ROBIN WOOD-Aktivistin Cécile Lecomte zu einer Strafe von 120 Euro verurteilt. Damit erklärt das Gericht die Umweltschützerin wegen Hausfriedensbruchs in drei Fällen und Nötigung in einem Fall für schuldig. Doch die Strafe ist mit insgesamt 15 Tagessätzen à acht Euro so gering bemessen, dass es kaum möglich ist, Rechtsmittel dagegen einzulegen.
Bei einem Strafmaß von bis zu 15 Tagessätzen ist die Berufung nur zulässig, wenn sie vom zuständigen Oberlandesgericht angenommen wird. Gegen die Verweigerung der Annahme haben die Berufungsführenden kein eigenes Rechtsmittel. Die Umweltschützerin war angeklagt wegen zwei Kletteraktionen im Kelsterbacher Stadtwald, der Anfang 2009 für den Ausbau des Frankfurter Flughafens gerodet werden sollte. Strafantrag wegen Hausfriedensbruch hatte die Fraport AG gestellt. Der Wald gehörte jedoch der Stadt Kelsterbach, Fraport hatte lediglich eine vorläufige Besitzeinweisung. Nach Ansicht der Verteidigung beinhaltet diese nicht das Hausrecht, damit entfiele die Grundlage für den Strafantrag.
Bei einer der Kletteraktionen soll der Fahrer einer Baumfällmaschine genötigt worden sein. Vom angeblichen Nötigungsopfer, einem rumänischen Waldarbeiter, lag keine bestätigende Zeugenaussage vor. Nach der Zeugenaussage eines Polizisten befand sich der Maschinenführer gerade in der Mittagspause und die Arbeiten hätten ohnehin geruht. Der dritte Hausfriedensbruch bezieht sich auf eine Kletteraktion im Dach des Frankfurter Hauptbahnhofs.
„Das ist ein politisches Urteil, denn es kriminalisiert den Widerstand gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens“, sagt Cécile Lecomte. „Das Gericht spricht mich schuldig, bemisst aber die Strafe so, das ich es nur schwer juristisch anfechten kann.“ Strafmaß und Prozessaufwand sind offensichtlich unverhältnismäßig. „Der Berg hat gekreißt und eine Maus geboren. Nach diesem Verhandlungsmarathon signalisiert das geringe Strafmaß vor allen, dass das Gericht selbst nicht an die Bestätigung des Urteils durch die nächste Instanz glaubt,“ ergänzt Monika Lege, Verkehrsreferentin von ROBIN WOOD.
Von Mai 2008 bis zur Räumung im Februar 2009 hatten Gegner des Flughafensausbau in einem Walddorf im Kelsterbacher Stadtwald gelebt, um ihn vor der Rodung zu schützen. ROBIN WOOD hält die Rodung großer Waldflächen für den extrem klimaschädlichen Flugverkehr für unverantwortbar. Anfang der Woche hatten Bürgerinitiativen, Umwelt-, Verkehrs- und Lärmschutzverbände in einem offenen Brief Fraport und die Justiz aufgefordert, die Strafverfolgung der WaldbesetzerInnen zu beenden, „die sich für Umwelt- und Klimaschutz und eine lebenswerte Rhein-Main-Region eingesetzt haben.“
Quelle: ROBIN WOOD