USA: Zweite Stadt straft Handy-Fußgänger gnadenlos ab
Archivmeldung vom 06.03.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.03.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie kalifornische Kleinstadt Montclair erhebt Bußgelder für Fußgänger, die Handys beim Gehen verwenden oder Kopfhörer tragen. Damit reagiert sie auf immer mehr Tote im Straßenverkehr. Wer erwischt wird, bekommt seit Jahresbeginn vorerst eine Verwarnung ausgesprochen. Widerholungstäter müssen 100 Dollar zahlen. Nochmal erwischt zu werden, bedeutet 200 Dollar. Als Vorbild nimmt sich Montclair die Stadt Honolulu auf Hawaii. Die Behörden hatten das Gesetz 2017 dort eingeführt. Jeder weitere Gesetzesbruch innerhalb eines Jahres wird mit 500 Dollar bestraft.
Experten begrüßen Maßnahme
"Rund ein Drittel der Unfälle im Straßenverkehr sind auf Unachtsamkeit und Ablenkung zurückzuführen", so Verkehrsexpertin Marion Seidenberger vom österreichischen Verkehrsclub ÖAMTC auf Nachfrage von pressetext. Auch Verkehrsexperte Heiner Mohnheim begrüßt die Maßnahme in Montclair: "Es ist völlig unverständlich: Der Mensch setzt sich der Gefahr wissentlich aus, wir lassen unsere natürlichen Instinkte komplett versagen."
Personen mit Hörhilfen sollen ebenso wenig belangt werden wie Menschen, die einen Notruf absetzen oder als Ersthelfer am Unfallort sind. Unterstützung bekommt die Gemeinde von den eigenen Einwohnern. "Sie laufen umher, schauen dabei aber nur auf ihr Smartphone - und achten einfach nicht mehr auf heranfahrende Autos", weiß die Anwohnerin einer Schule zu berichten. Bei der Benutzung von Smartphones durch Fußgänger und Radfahrer wird nicht nur das eingeschränkte Sichtfeld zum Risiko. "Kopfhörer nehmen zusätzlich die Fähigkeit, herannahende Fahrzeuge, auch Rettungsfahrzeuge, akustisch wahrzunehmen", sagt ÖAMTC-Expertin Seidenberger.
Unvernunft in allen Altersgruppen
Die Bestrafungsaktion kommt nicht von ungefähr: Im knapp 50 Kilometer entfernten Los Angeles stieg die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Fußgänger 2017 um 17 Prozent binnen Jahresfrist und um 82 Prozent gegenüber 2015. Die Stadt hatte 2016 die Initiative "Vision Zero" eingeführt, die darauf abzielt, Verkehrsteilnehmer im sicheren Miteinander zu schulen. 2025 soll die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten auf null fallen. Bürgermeister Eric Garcetti appellierte ob der unlängst erschienenen Statistiken abermals an Fußgänger und Fahrradfahrer, aufmerksam zu sein, sich an Verkehrsregeln zu halten und den Blick von Handys abzuwenden.
Präventiv können Vorträge in Kindergärten und Schulen gehalten werden, die bereits junge Fußgänger und Radfahrer dazu bringen, das Handy bei der Teilnahme am Straßenverkehr nicht zu nutzen. Doch es sind nicht nur Heranwachsende, die sich falsch verhalten: "Letztlich erfüllen Erwachsene eine Vorbildfunktion", fügt Seidenberger an. "Hier gilt es, den Kindern ein gutes Vorbild zu sein und mit gutem Beispiel voranzugehen." Mohnheim geht noch einen Schritt weiter und bringt auch Sperren für Smartphones ins Spiel: "Politik und Industrie müssen hier an einem Strang ziehen. Ansonsten ist es in der Theorie schön, der Mensch macht aber trotzdem weiter wie zuvor."
Quelle: www.pressetext.com/Wolfgang Rudloff