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ARD: Mutmaßlicher sexueller Missbrauch von Kindern am Universitätsklinikum des Saarlandes

Archivmeldung vom 24.06.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.06.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Am Universitätsklinikum des Saarlandes wurden etliche Fälle von mutmaßlichem sexuellem Missbrauch durch einen Arzt an Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren gegenüber den Eltern jahrelang geheim gehalten. Das berichtet das ARD-Magazin MONITOR, dem umfang-reiche Dokumente zu dem Fall vorliegen.

Danach hat ein Assistenzarzt, der zwischen 2010 und 2014 am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg tätig war, in einer Vielzahl von Fällen intime Behandlungen an Kindern vorgenommen, die medizinisch nicht erforderlich waren. Der Klinik lagen dabei schon früh Hinweise auf eine pädophile Neigung des Mediziners vor. Die möglichen Opfer und deren Eltern wurden jedoch selbst dann noch nicht in Kenntnis gesetzt, als die Uniklinik Ende 2014 Strafanzeige gegen den Arzt stellte und die Staatsanwaltschaft Saarbrücken wenig später ein Ermittlungsverfahren einleitete.

Der Assistenzarzt hatte an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie hunderte von Kindern behandelt. Die Behandlung intimer Körperzonen gehörte eigentlich nicht zu seinen Aufgaben. Nach Recherchen von MONITOR ergab eine stichprobenartige Überprüfung der Behandlungsakten durch den Klinikdirektor, dass 95 Prozent der Behandlungen des Assistenzarztes medizinisch nicht indiziert waren. Wie viele Patienten betroffen sind, ist bis heute unklar. Außerhalb des Klinikums war der Tatverdächtige in der Jugendarbeit tätig.

Klinik informierte nicht

Der Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums hatte das Verhalten des Arztes zur Anzeige gebracht und der Staatsanwaltschaft Saarbrücken Patientendaten von mutmaßlichen Opfern zur Verfügung gestellt. Die Klinik unterließ es dabei, die Betroffenen zu informieren, selbst in den Fällen, bei denen die Patientenakten der Staatsanwaltschaft als Beweismittel zur Verfügung gestellt wurden. Von MONITOR befragte Experten sehen darin ein schweres Versäumnis der Klinik: "In dem Moment, wo man sich entschieden hat, dass die Verdachtsmomente so weit ausreichen, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, (...) hätte auch unter therapeutischen Aspekten die Kontaktaufnahme mit den Eltern bzw. den älteren Kindern erfolgen müssen, um auch insoweit Schaden von ihnen abzuwenden", sagt der Medizinrechtler Prof. Peter Wolfgang Gaidzik von der Universität Witten/Herdecke gegenüber MONITOR. Fragen der Redaktion dazu ließ die Klinik in Homburg bisher unbeantwortet.

Assistenzarzt 2016 verstorben

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat im Zuge ihrer Ermittlungen nach eigenen Angaben in drei Fällen die gesetzlichen Vertreter der Betroffenen informiert, bei denen sich "ein Tatverdacht betreffend Straftaten zu ihrem Nachteil konkretisierte hatte". Nach MONITOR-Recherchen betreffen diese Fälle allerdings nicht das Universitätsklinikum. In den übrigen Fällen sei "nach damaligem Ermittlungsstand ein Verdachtsgrad nicht erreicht, der es zulässig hätte erscheinen lassen, diese nach den (...) maßgeblichen Vorschriften der Strafprozessordnung als Verletzte zu informieren", so die Behörde gegenüber MONITOR. Der Assistenzarzt ist 2016 plötzlich verstorben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurden daraufhin eingestellt, auch in der Folge wurden andere mögliche Opfer offenbar nicht informiert.

Saarländische Landesregierung eingeschaltet

Eine Anwältin betroffener Eltern, die durch Zufall von den Vorkommnissen erfahren hatten, wandte sich im April 2019 an den Ministerpräsidenten des Saarlandes, dessen Staatskanzlei als Aufsichtsbehörde für das Universitätsklinikum fungiert. Dort kam man daraufhin zu der Entscheidung, nun doch einen Teil der betroffenen Eltern über die Missbrauchsvorwürfe in Kenntnis zu setzen.

Quelle: WDR Westdeutscher Rundfunk (ots)

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