Nur etwa jeder zweite Zuwanderer erfolgreich bei Deutschtest
Archivmeldung vom 17.06.2020
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Freigeschaltet durch André OttFast die Hälfte der Erstabsolventen von Deutschtests für Zuwanderer (DTZ) hat die Kurse im vergangenen Jahr nicht erfolgreich abgeschlossen. 2019 erreichten von 135.799 Erstteilnehmern 62.085 nicht das Sprachniveau B1, das für ein Bestehen der Integrationskurse notwendig wäre.
Der Anteil lag damit bei 45,7 Prozent. Allerdings ist ein leichter Positiv-Trend zu beobachten. 2018 hatten 51,5 Prozent und damit mehr als die Hälfte der Erstteilnehmer das B1-Ziel verfehlt. Im Jahr 2017 waren es 48,3 Prozent gewesen.
Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der AfD-Fraktion hervor, die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) vorliegt. Bei den Kurswiederholern ist der Anteil derjenigen, die das Niveau B1 nicht erreichen, stetig angewachsen: Im vergangenen Jahr schafften 77,6 Prozent der 82.287 Teilnehmer den Test auch in einem neuen Anlauf nicht. Im Jahr davor waren 72,7 Prozent bei der wiederholten Teilnahme durchgefallen, 2017 war es 65,7 Prozent gewesen, 2016 60,0 Prozent, wie aus der Ministeriumsantwort weiter hervorgeht.
Die Sprachkurse wurden 2005 eingeführt und umfassen 600 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten. Niveau B1 des europäischen Referenzrahmens bedeutet, dass Teilnehmer in einfachen Sätzen Erfahrungen und Ereignisse beschreiben, Meinungen wiedergeben und Briefe schreiben können. Um das "Zertifikat Integrationskurs" zu erhalten, müssen Zuwanderer B1 nachweisen. "Sie zeigen damit, dass Sie ein wesentliches Ziel des Integrationskurses erreicht haben", heißt es auf der Website des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf).
Wegen des hohen Anteils der Teilnehmer, die das nicht schaffen, gab es immer wieder Kritik an den Kursen. Angesichts der Zahlen für 2019 sagte der AfD-Abgeordnete René Springer der NOZ: "Es ist nicht akzeptabel, dass steuerfinanzierte Integrationsangebote in dreistelliger Millionenhöhe massenhaft ins Leere laufen." Nach Springers Lesart zeigt die Statistik, "dass vielen Migranten die notwendige Lernkultur oder der Integrationswille fehlt."
Eine Sprecherin von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verweist darauf, dass viele Zuwanderer die Deutschtests nach Alphabetisierungskursen absolviert hätten. Für sie bedeute ein Abschluss mit dem niedrigeren Niveau A2, "dass sie ihr Lernziel dennoch erreicht haben und erfolgreich waren", sagte sie der NOZ. Und in den vergangenen Jahren sei der Anteil der Testteilnehmer aus Alphabetisierungskursen gewachsen.
Nach Angaben der Sprecherin wurden allein aus der Gruppe der Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive seit 2015 fast eine halbe Million Anträge auf Zulassung zur freiwilligen Teilnahme am Integrationskurs aus eigener Initiative gestellt. "Das zeigt aus Sicht des Bundesinnenministeriums sehr deutlich, dass seitens der Zugewanderten ein großes Interesse am Erwerb der deutschen Sprache besteht."
Die Sprecherin verwies überdies auf zahlreiche Maßnahmen, mit denen die Tests verbessert werden sollten: eine Pflicht zur Zusatzqualifikation für alle Lehrkräfte, eine Sozialbegleitung der Teilnehmer, eine kursbegleitende Kinderbeaufsichtigung sowie eine Mindestvergütung für Kurse mit wenigen Teilnehmern in ländlichen Räumen. Zudem werde inzwischen eine "angemessene Kontrolle" der Kursanbieter sichergestellt.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)