Wir sind Kirche: Bischöfe sollten in Missbrauchsdebatte nicht zurückrudern
Archivmeldung vom 17.03.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.03.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie kirchenkritische Reformbewegung "Wir sind Kirche" hat in der Missbrauchsdebatte die deutschen Bischöfe aufgefordert, jetzt ihrer angekündigten Aufklärungsbereitschaft rasch Taten folgen zu lassen. "Wir müssen genau aufpassen, das da jetzt auch was passiert.
Die Bischöfe sollten beim Runden Tisch nicht zurückrudern. Auch bei der Erstellung eines Gesamtbildes der Missbrauchsfälle droht eher wieder ein Rückfall in den Provinzialismus, wenn da jetzt wieder jeder Bischof einzeln zuständig sein soll", sagte Sprecher Christian Weisner der "Leipziger Volkszeitung" (Donnerstag-Ausgabe). Um die Strukturen der katholischen Kirche kritisch zu hinterfragen sei es letztlich egal, ob die Missbrauchsfälle in Regensburg oder Berlin passiert sind.
Enttäuscht zeigte sich Weisner über das bislang ausgebliebene persönliche Wort des Papstes an die Opfer. "Der Papst hat den richtigen Zeitpunkt wohl schon verpasst. Viele in Deutschland sind enttäuscht, dass der deutsche Papst bislang kein Wort des Mitgefühls für die deutschen Opfer gefunden hat." Über die Gründe des Schweigens wolle er nicht spekulieren. "Man weiß es einfach nicht."
In diesem Zusammenhang wies Weisner die Vorwürfe der erzkonservativen Piusbruderschaft gegen die Kirchenvolksbewegung zurück. Der deutsche Distriktobere Franz Schmidberger hatte "Wir sind Kirche" vorgeworfen, sie benutzen nur die Missbrauchsdebatte, um den deutschen Papst zu beschädigen. Die Linkskatholiken würden jetzt Morgenluft wittern, um beispielsweise den Zölibat auszuhebeln. "Dieser Vorwurf ist absurd, die Piusbruderschaft hat offenbar noch nicht recht begriffen, dass die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche weltweit auf dem Spiel steht. Da reicht es nicht, sich schlicht und einfach hinter den Papst zu stellen. Da muss hinterfragt werden, wie die Einstellung der katholischen Kirche zu Themen wie Sexualität und Frauen heute ist", so Weisner. "Wir sind Kirche" sieht in der Missbrauchsdebatte für die katholische Kirche aber auch eine Chance. "Auch wenn die katholische Kirche durch die bekannt gewordenen Fälle jetzt besonders an ihrem Image leidet, so besteht doch bei erkennbaren Willen zur Aufarbeitung die Chance, dass die Kirche in der Diskussion über nötige Veränderungen in der Gesellschaft eine Vorreiterrolle einnimmt ", so Weisner.
Quelle: Leipziger Volkszeitung