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Hessens Ministerpräsident gegen generelle Schulschließungen

Archivmeldung vom 12.03.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.03.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Volker Bouffier (2017)
Volker Bouffier (2017)

Foto: Wdwdbot
Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat vor deutschlandweiten Schließungen von Schulen und Kindergärten zur Eindämmung des Coronavirus gewarnt. "Schulen und Kindergärten flächendeckend zu schließen halte ich nicht für sinnvoll", sagte Bouffier der "Bild". "Denn wir haben überall unterschiedliche Situationen - aber wir beraten darüber."

Ein Punkt sei doch: "Wenn Kindergärten und Grundschulen schließen, wo kommen die Kinder dann hin", sagte er. "Zu Oma und Opa, zu genau der Gruppe, die am höchsten gefährdet ist." Wer flächendeckend alles zumache, müsse auch eine Idee haben, wie es weitergeht. "Wir können die Kinder und die Jugendlichen ja nicht einfach in die Landschaft stellen. Die gefährdetste Gruppe zur Betreuung der Kinder abzustellen, halte ich nicht für klug", so Hessens Ministerpräsident.

Mehr Infizierte und Verdachtsfälle bei der Bundeswehr

Die Zahl der Corona-Fälle in der Bundeswehr ist binnen 24 Stunden gestiegen. Die Bundeswehr geht nach eigenen Angaben nun von 15 Infizierten und rund 80 "begründeten Verdachtsfällen" aus, wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten. Am Vortag waren es noch neun Infizierte und 45 Verdachtsfälle gewesen. Ebenfalls wegen des Corona-Virus wollen die USA die multinationale Großübung "Defender Europe 20" reduzieren, berichten die Zeitungen.

Klassenfahrten ins Ausland und Schulfeste werden verboten

Klassenfahrten ins Ausland und Schulfeste sollen verboten werden. Auf diese Empfehlung einigte sich die Kultusministerkonferenz, sagte Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) am Donnerstag. Die Maßnahme solle für mindestens zwei, vielleicht aber auch drei Monate gelten. Die Bundesländer wollen die Schulabschlüsse untereinander zudem auf jeden Fall anerkennen, auch wenn die Prüfungen unser besonderen Bedingungen stattfinden, sagte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Wenn Prüfungen wegen Schulschließungen nicht stattfinden könnten, sollten diese nachgeholt werden. Schüler sollten wegen der Corona-Krise keinerlei Nachteile erleiden.

Verdi-Chef verlangt wegen Corona Stimulierung des Binnenkonsums

Verdi-Chef Frank Werneke fordert in der Coronavirus-Krise ein klares Signal von der Bundesregierung, dass der Konsum gestützt wird. "So wie die Regierung einst mit der Abwrackprämie der Autobranche geholfen hat, muss sie jetzt mit Konsumschecks den Handel stützen", sagte Werneke dem "Handelsblatt" (Freitagsausgabe). Abgesehen vom Lebensmitteleinzelhandel gebe es da massive Einbrüche. Natürlich sollten die Bürger nicht einkaufen gehen, solange die Zahl der Infizierten steigt. "Aber wir brauchen ein klares politisches Signal, dass der Konsum stabilisiert wird, wenn der Höhepunkt der Krise vorbei ist. Sonst werden die Umsatzeinbußen, die wir jetzt haben, nie mehr aufgeholt." Werneke forderte zudem, in den Krankenhäusern auf nicht unbedingt notwendige Operationen zu verzichten und den Kliniken dafür einen finanziellen Ausgleich zu zahlen. "Sonst werden bis zuletzt Hüftoperationen durchgeführt, während sich Corona weiter ausbreitet."

Bildungsministerin vorerst gegen flächendeckende Schulschließungen

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat sich vorerst gegen flächendeckende Schulschließungen in Deutschland ausgesprochen. Dies sei derzeit "noch nicht angezeigt", sagte Karliczek am Donnerstag in Bezug auf die gegenwärtige Corona-Krise. Zudem werde damit das Problem nur von der einen auf die andere Ebene verschoben. Die Situation könne aber jeden Tag neu bewertet werden. Im Falle von Schulschließungen müsse auch an die Betreuung von Kindern gedacht werden, so Karliczek. Wenn möglich sollten in einem solchen Fall Digitalmedien für Unterricht genutzt werden. In der gegenwärtigen Situation sei ein einheitliches Vorgehen gefragt, sagte die Bildungsministerin.

CDU-Parteitag wird wegen Coronavirus verschoben

Der für Ende April geplante CDU-Sonderparteitag wird wegen der Coronavirus-Krise verschoben. Das teilte die Partei am Donnerstagmittag auf ihrer Internetseite mit. Für die CDU Deutschlands sei ganz klar, dass die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen in Deutschland höchste Priorität hätten, heißt es in einer Erklärung von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch wenn die Durchführung des geplanten Parteitages unter Auflagen derzeit noch genehmigt sei, stehe für sie fest: "Vor dem Hintergrund der aktuellen Prognosen zur weiteren Ausbreitung von COVID-19 wird der bislang geplante CDU-Parteitag am 25. April nicht stattfinden können." Sie werde dem Bundesvorstand daher empfehlen, die Veranstaltung zu verschieben und sie durchzuführen sobald die epidemische Lage dies gestatte. Diesen Schritt habe sie mit allen Kandidaten, den stellvertretenden Parteivorsitzenden und dem Generalsekretär abgestimmt, so die CDU-Chefin weiter. Bei dem Sonderparteitag sollte ein Nachfolger der scheidenden Parteivorsitzenden gewählt werden. Bewerber sind NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen.

Coronavirus: Halle schließt alle Schulen und Kitas

Halle (Halle (Saale) schließt als eine der ersten großen Städte in Deutschland wegen der Coronavirus-Krise ab Freitag alle Schulen und Kindertagesstätten. Das kündigte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) am Donnerstagvormittag an. Die Maßnahme soll demnach zunächst bis zum 27. März gelten. Auch die Veranstaltungen der halleschen Bühnen wurden für diesen Zeitraum abgesagt. Unterdessen wurden am Mittwoch bei Tests zwei weitere Fälle von Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus in der Saalestadt festgestellt. Damit erhöhte sich die Gesamtzahl der Coronavirus-Fälle in der Händelstadt auf insgesamt sieben Personen. Die ersten Fälle waren am Dienstag registriert worden.

Unionsfraktion stellt Schwarze Null wegen Coronavirus infrage

Bei der Bekämpfung wirtschaftlicher Folgen der Coronavirus-Krise hält auch die Unionsfraktion nicht länger am Prinzip der Schwarzen Null fest. "Die Schwarze Null ist für uns ein Grundsatz als Ausdruck von Generationengerechtigkeit, aber keine Ideologie", sagte Unionsfraktionsvize Andreas Jung am Donnerstag in der Sendung "Frühstart" der RTL/n-tv-Redaktion. "Wir wollen sie nicht leichtfertig aufgeben, aber es wird getan, was notwendig ist." Bei vielen Unternehmen werde das Geld knapp und da wollen wir helfen mit "dem ganzen Instrumentenkasten, der zur Verfügung steht", sagte Jung weiter.

Als Beispiele nannte er Bürgschaften für Unternehmenskredite, die Kurzarbeit, Steuerstundungen und Steuerverrechnungen. "Wenn Verluste gemacht werden, dann hat man ein generelles Problem, deswegen bin ich der Meinung, man muss auch über die Verrechnung mit den Gewinnen, die im letzten Jahr gemacht wurden, sprechen", so der CDU-Politiker. Eine vorgezogene Abschmelzung des Solidaritätsbeitrags sei momentan nicht absehbar. "Es war so, dass der Bundesfinanzminister weder seriös darlegen konnte, wie das finanziert werden soll, noch darstellen konnte, wie das technisch umgesetzt werden könnte." Deswegen habe sich der Koalitionsausschuss am Sonntag nicht darauf einigen können. Jung warnte davor, dass angesichts aktueller Themen die Herausforderungen des Klimaschutzes vernachlässigt werden. "Es ist ja die Gefahr, dass man die Fragen Umwelt- und Klimaschutz angesichts anderer Themen - die Flüchtlingsfrage, die Corona-Krise - irgendwie wieder hintenanstellt", sagte Jung. "Das darf nie wieder passieren." Von der am Donnerstag tagenden Ministerpräsidentenkonferenz forderte der CDU-Politiker die Deckelung der Photovoltaik-Förderung aufzuheben. "Der PV-Deckel muss weg so schnell wie möglich."

Corona-Krise: Rufe nach Föderalismusreform

Regierungs- und Oppositionspolitiker fordern nach tagelangen Querelen um ein bundeseinheitliches Vorgehen bei Großveranstaltungen eine Neuregelung der Bund-Länder-Beziehungen. "Diese Krise zeigt, dass wir die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern neu regeln müssen", sagte beispielsweise der Bundesvorsitzende der AG Gesundheit in der SPD, Boris Velter, dem Wirtschaftsmagazin "Business Insider". Man brauche weniger spontane Vorschläge und mehr fachlich fundiertes, bundeseinheitliches Handeln.

"Die Menschen, die jetzt vor Ort in den medizinischen Einrichtungen Verantwortung übernehmen, brauchen unsere Unterstützung durch klare, einheitliche Vorgaben." Am Donnerstag treffen sich die Länder-Chefs zu ihrer Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin, um über ein einheitliches Vorgehen im Umgang mit Großveranstaltungen zu beraten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt angeregt, Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern abzusagen. Verantwortlich sind dafür aber die Länder, die jedoch tagelang sich nicht einigen konnten. FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle bemängelt, "dass es in Deutschland an einer einheitlichen Strategie im Bereich Katastrophenschutz und Bevölkerungshilfe mangelt".

Die Liberalen fordern angesichts rechtsextremer und islamistischer Anschläge in Deutschland schon länger eine Föderalismusreform im Bereich der inneren Sicherheit. Angesichts der Corona-Krise fordert Kuhle: "Nun sehen wir, dass eine solche Reform auch den Bereich Katastrophenschutz und Bevölkerungshilfe umfassen muss — gerade bei neuen oder unbekannten Krankheiten", sagte er dem "Business Insider". Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte: "Die Reaktion auf Corona ist bisweilen dilettantisch und chaotisch." Weiter sagte die Politikerin: "Herr Spahn sagt uns cool, er habe alles im Griff. Dabei liegen viele wichtige Entscheidungen — über das Stattfinden von Veranstaltungen, das Schließen von Schulen oder die mögliche Abschottung von Gebieten — bei den Ländern. Und die handeln alle eigenwillig. Es braucht jetzt eine Gesamtstrategie."

Pflegerat und Verdi kritisieren Spahn

Der Deutsche Pflegerat und die Gewerkschaft Verdi haben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeworfen, durch die Aussetzung der Personaluntergrenzen wegen der Coronavirus-Pandemie den Pflegenotstand zu verschärfen. "Die Pflegepersonaluntergrenzen jetzt pauschal auszusetzen ist der falsche Weg. Die Untergrenzen wurden eingeführt, weil noch weniger Personal gefährlich für Patientinnen und Patienten ist", sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus erfordere mehr und nicht weniger Personal. Pflegeratspräsident Franz Wagner sagte der NOZ: "Die Entscheidung hat uns überrascht. Eine Notwendigkeit dafür gab es Anfang März nicht."

Beide reagierten auf Spahns Beschluss, die Anfang des Jahres für pflegeintensive Krankenhausbereiche eingeführten Personaluntergrenzen vorübergehend auszusetzen, um auf die Coronavirus-Krise zu reagieren. So soll verhindert werden, dass Stationen Patienten abweisen müssen, wenn die Personalschlüssel nicht erfüllt werden. Durch die Corona-Situation sehen sowohl der Pflegerat als auch die Gewerkschaft den Druck noch einmal gewachsen, für mehr Pflegekräfte zu sorgen. "Schon ohne Epidemie ist das Pflegepersonal in den Kliniken täglich maximal belastet", sagte der Pflegeratspräsident. "Wir müssen jetzt dringend ein wirklich wirksames Instrument entwickeln." Gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und Verdi hat der Pflegerat Spahn bereits einen Vorschlag gemacht, für eine ausreichende Personalausstattung zu sorgen. "Statt halbe Sachen zu machen sollten wir jetzt den Neustart angehen. Das Konzept könnte ab Anfang 2021 schrittweise umgesetzt werden", sagte Wagner.

Nach grober Schätzung würden "mindestens 40.000 bis 80.000 zusätzliche Pflegestellen in den Krankenhäusern" benötigt. Das wäre aus Sicht Wagners "das notwendige Signal, dass wir den großen Sprung nach vorne machen". Der Gesetzgeber sei gefragt, "das Instrument zügig einzuführen", machte Bühler Druck. "Gerade jetzt, wenn die Beschäftigten wieder über ihre eigene Belastungsgrenze hinaus versuchen, den Personalmangel auszugleichen, um die Patientinnen und Patienten zu versorgen, erwarten die professionell Pflegenden eine verbindliche und nachhaltige Perspektive für mehr Personal und gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen."

Der Pflege-Bevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, verteidigte Spahns Vorgehen hingegen. "Wir müssen unsere Ressourcen in diesen Zeiten klug einsetzen und pragmatische Wege gehen", sagte Westerfellhaus der NOZ. "Deshalb ist es auch richtig, die Pflegepersonaluntergrenzen vorübergehend auszusetzen." Um den Pflegenotstand auf Dauer zu beheben, stützt der Bevollmächtigte aber den Vorstoß von Pflegerat, Verdi und Krankenhausgesellschaft. "Eine wirklich bedarfsgerechte Personalbesetzung für gute Pflege im Krankenhaus bekommen wir nur mit einem einheitlichen Bemessungsverfahren hin", sagte er. "Auf Dauer ist eine Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus deshalb das einzig Richtige."

Coronavirus: Staatsrechtler sehen Arbeit des Bundestags nicht gefährdet

Trotz eines ersten bestätigten Corona-Falls im Bundestag sehen Staatsrechtler die Arbeit des Bundestages nicht gefährdet. Der Berliner Verfassungsrechtler Christian Pestalozza begründete dies zum einen damit, dass sich nur ein geringer Teil der Parlamentsarbeit im Plenum abspiele: "Und zweitens könnten das Präsidium und die Fraktionen sich zur Not darauf verständigen, dass das Plenum nur in sehr kleiner Runde zusammentritt", sagte Pestalozza dem "Handelsblatt".

Das Grundgesetz schreibe nicht vor, ab wie vielen Sitzungsteilnehmern das Plenum beschlussfähig sei. Auch der Speyrer Staatsrechtler Joachim Wieland wies darauf hin, dass der Bundestag fast alle seiner Beschlüsse mit einer kleinen Anzahl anwesender Abgeordneter treffen und so das Infektionsrisiko verringern könne. Das setze jedoch voraus, dass sich "Regierung und Opposition einig sind, dass die Mehrheitsverhältnisse auch bei einer geringen Besetzung des Plenums widergespiegelt werden", sagte Wieland der Zeitung. "Das Parlamentsrecht lässt also durchaus Raum für eine sinnvolle Parlamentsarbeit in Zeiten einer Epidemie, die allerdings ein verantwortungsvolles Zusammenwirken aller Beteiligten voraussetzt, die bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Bundestages nicht selbstverständlich ist", so der Staatsrechtler weiter.

Er hob ausdrücklich hervor, dass der Bundestag auch in der Corona-Krise keinen externen Weisungen unterworfen sei. Mit einer Pandemie müsse das Parlament "in eigener Verantwortung umgehen". Das bedeute, dass der Bundestag selbst darüber entscheide, ob seine Sitzungen trotz Infektionsgefahr stattfinden oder verschoben werden. Zudem gebe es keine speziellen rechtlichen Vorkehrungen für eine solche Ausnahmesituation. "Einen Notfallplan im Sinne entsprechender rechtlicher Regelungen gibt es nur für den Verteidigungsfall, in dem ein Gemeinsamer Ausschuss an die Stelle von Bundestag und Bundesrat treten kann", sagte Wieland dem "Handelsblatt".

Quelle: dts Nachrichtenagentur


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