Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Herausgabe von Akten an NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages
Archivmeldung vom 26.03.2012
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Herausgabe von Akten an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags ist bei den Innenministern der Länder auf verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen. Das berichtet der "Spiegel" vorab. Dennoch winkten die Ressortchefs auf der Sonder-Innenministerkonferenz (IMK) einen entsprechenden Beschluss durch. "Dem Ausschuss Akten zu verweigern wäre, angesichts der Morde der NSU- Terroristen, nicht vermittelbar gewesen", sagt einer der Teilnehmer, "aber so ein Beschluss geht an die Wurzeln des Föderalismus."
Schließlich sollen die Innenminister alle "rechtsextremistische Strukturen" betreffenden IMK-Unterlagen aus den Jahren 1992 bis 2011 zur Verfügung stellen. In dem am vergangenen Donnerstag beschlossenen Dokument zur Aktenfreigabe "betonen" die Minister deshalb ausdrücklich "die Bedeutung der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland".
Für Irritationen im Zusammenhang mit der vereinbarten Abschaltung von V-Leuten in der Führungsebene der NPD sorgte bei den Ministern auch Seyda Emek. Die Juristin hatte in verschiedenen Medien vor einem NPD-Verbot gewarnt - mit dem Argument, dies werde wahrscheinlich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kassiert.
Was die Minister irritierte, aber in keinem Medienbericht erwähnt war: Emek arbeitet als Referentin im Bundesministerium des Inneren. Offiziell haben dessen Experten bislang nicht von einem neuen Verbotsverfahren abgeraten.
NSU-Unterstützer bestätigt Verbindungen nach Nürnberg
Erstmals hat ein mutmaßlicher Unterstützer der Terror-Zelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Kontakte des Zwickauer Neonazi-Trios nach Nürnberg bestätigt. Dort sollen die Terroristen drei ihrer insgesamt zehn Morde verübt haben, berichtet der "Spiegel" vorab. In einer Beschuldigtenvernehmung schilderte der 37-jährige Holger G., der seit November in Untersuchungshaft sitzt, wie er Mitte der neunziger Jahre mit Beate Z., Uwe B. und Uwe M. nach Nürnberg gereist sei. M. habe dort einen "Kameraden" gekannt. Außerdem berichtete G. den Ermittlern von erheblichen Spannungen innerhalb des Trios. So habe sich die Zelle nach ihrem Abtauchen einen heftigen Streit in Chemnitz geliefert und sich vorübergehend getrennt. Vor ihrer Zeit im Untergrund soll Z. wechselnde Beziehungen zu M. und B. gehabt haben. Nach einem Streit, der beinahe handgreiflich geworden war, ist M. nach den Worten G.s zeitweise in eine eigene Wohnung gezogen. Diese Aussage wird durch einen Mietvertrag für eine Wohnung in Zwickau untermauert, den die Ermittler sicherstellen konnten und der auf die Aliaspersonalien von M. ausgestellt war.
Der mutmaßliche NSU-Unterstützer G. gab zudem zu Protokoll, dass er von den untergetauchten Terroristen 10.000 Mark - vermutlich aus Raubüberfällen - zur "Aufbewahrung" erhalten habe. Die gleiche Summe habe auch der ebenfalls inhaftierte Ex-NPD Kader Ralf W. von dem Trio erhalten.
Nach "Spiegel"-Informationen stellte die Bundesanwaltschaft Holger G., der bislang elfmal vernommen wurde, die Anwendung der Kronzeugenregelung in Aussicht: Wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt seien, so heißt es in den Akten, wolle sich der Generalbundesanwalt vor Gericht für eine Anwendung des entsprechenden Paragraphen einsetzen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur