Münsteraner Theologe Seewald plädiert für Aufhebung des Pflichtzölibats: "Kritiker werden verketzert, überwacht und denunziert
Archivmeldung vom 25.06.2018
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Freigeschaltet durch André OttKöln. Der Münsteraner Theologieprofessor Michael Seewald plädiert für die Aufhebung des Pflichtzölibats für katholische Priester. Angesichts massiven Drucks auf innerkirchliche Kritiker brauche es Kraft, sich zur Wehr zu setzen und sich die Freiheit zu bewahren, sagte der 30-Jährige, der selbst Priester ist, dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Seewald: "Die Kirche ist so lange nett, wie man sagt, was sie gerade hören will. Macht man das nicht, gibt es Ärger. Der aber wird gerade für Priester umso schwerer erträglich, je mehr die Kirche sich zu ihrer Ersatzfamilie stilisiert und Unterschiede in Sachfragen persönlich werden", so Seewald. Er revidierte damit seine bisherige Position. "Voriges Jahr bin ich noch als Verteidiger des Pflichtzölibats in den Ring gestiegen. Das würde ich jetzt nicht mehr tun, da ich um ein Jahr an Erfahrungen mit der Kirche reicher bin, die für mich alles andere als positiv waren."
Die Kirche habe "mütterliche Züge, aber auch stiefmütterliche", ergänzte der 30-Jährige. "Ihre kritischen Kinder werden verketzert, unliebsame Theologen werden überwacht, denunziert, und auf absurde Weise wird versucht, sie zu ideologischer Konformität zu zwingen. Ich gebe diesem Druck nicht nach und bewahre mir meine Freiheit. Aber dafür muss man kämpfen, und dazu braucht man Kraft. Die muss irgendwo herkommen. Für viele sind Ehe und Familie Orte, die natürlich auch viel Kraft kosten, die aber doch jene Stärke geben, die man braucht, um gut zu leben." Diese Möglichkeit sollte die Kirche auch den Priestern eröffnen, sofern sie das möchten.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)