Atomindustrie schönt Sicherheits-Berechnungen von Castor-Behältern
Archivmeldung vom 29.04.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZu den heute von der „Süddeutschen Zeitung“ aufgedeckten Problemen bei der Genehmigung von Castor-Behältern äußert sich Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation X-tausendmal quer, wie folgt:
„Obwohl wir als Atomkraftgegner die Sicherheitsbeteuerungen der
Atomindustrie von je her skeptisch betrachten, stehen wir den
tatsächlichen Verhältnissen doch immer wieder fassungslos gegenüber.
Die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) als Tochtergesellschaft der
vier großen Stromkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall hat die
Sicherheit der Castor-Behältern schöngerechnet, indem sie einfach frei
gewählte Parameter in Rechenmodelle eingefügt hat. Sie wollen also auf
Kosten der Sicherheit ihre Behälter verkaufen, auch wenn diese nicht
nachweislich sicher sind.
Es ist doch eigentlich unvorstellbar, dass die Sicherheit von Behältern,
in denen die gefährlichsten Stoffe, die wir Menschen kennen, quer durch
die großen Ballungsräume von Frankreich und Deutschland rollen, durch
Zahlenjonglage nachgewiesen werden soll.
Damit bestätigt sich unsere leidvolle Erfahrung mit Vattenfall, RWE und
Co: Im Zeitalter von Shareholder Value gehen Rekordgewinne im
Zweifelsfall vor Sicherheit. Dass dabei jetzt sogar versucht wird, die
Behörden auszutricksen, setzt dieser Entwicklung die Krone auf.
Wir wollen von den zuständigen Behörden wissen: Wurden die für den 2008
ja weiterhin geplanten Castor-Transport nach Gorleben vorgesehenen
französischen Behälter real getestet, oder wurden da nur kleinere
Modelle und Rechen-Exempel benutzt, um Sicherheit vorzutäuschen? Ist
dies der Fall, so fordern wir das Bundesamt für Strahlenschutz auf, dem
Transport die Genehmigung zu verweigern und zuerst Tests mit den
Original-Behältern vorzunehmen. Denn die Zeit der Rechenmodelle bei der
Sicherheitsüberprüfung von Castor-Behältern muss mit dem heutigen Tag
beendet werden.
Darüber hinaus fordern wir, der GNS und ihrer Tochtergesellschaft BLG
(Brennelementlagergesellschaft Gorleben) die Genehmigung für Transporte
und Lagerung von Castor-Behältern insgesamt zu entziehen, weil die im
Atomgesetz als Bedingung genannte Zuverlässigkeit nicht mehr vorliegt.
Der neueste Skandal um Castor-Behälter zeigt, dass ein
verantwortungsvoller Umgang mit hochradioaktivem Atommüll nicht möglich
ist. Alles, was schief gehen kann, geht eines Tages auch schief. Man
muss sich nur einmal vorstellen, wenn statt eines ICE wie jetzt bei
Fulda ein Castor-Zug in einem Tunnel entgleisen würde. Selbst wenn der
Behälter intakt bliebe, würde in diesem Fall die Kühlung und damit
früher oder später auch die Deckeldichtung versagen. Die Freisetzung von
hochradioaktiven Stoffen wäre vorprogrammiert.
Unser Fazit: Ob Störfälle in Krümmel und Brunsbüttel, ob immer neue
Skandale rund um die Castor-Transporte; es zeigt sich immer wieder:
Atomenergie ist zu gefährlich, um sie als Lösung für Energieversorgung
der Zukunft zu nutzen. Der lang versprochene Atomausstieg muss endlich
stattfinden.
Und: Sollte der Transport für 2008 nicht ebenfalls abgesagt werden,
werden wir am ‚Tag X’ mit unseren Aktionen deutlich machen, was wir von
einer verantwortungslosen Atompolitik halten. Wer der Bevölkerung
weiterhin Sicherheit vorgaukelt, wo es keine gibt, muss mit Widerstand
rechnen.“
Quelle: X-tausendmal quer