Netzwerk Jüdischer Hochschullehrer beklagt Bedrohungslage
Archivmeldung vom 20.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDas Netzwerk Jüdischer Hochschullehrer beklagt die Bedrohungslage in Deutschland. Mitglieder berichten von verbalen Angriffen, Drohungen per E-Mail und mangelnder Solidarität der Kollegen, schreibt der "Tagesspiegel" in seiner Samstagausgabe.
An einer internen Umfrage nahm etwa die Hälfte der 130 Mitglieder in
Deutschland, Österreich und der Schweiz teil, davon sagten 40 Prozent,
sie hätten seit dem 7. Oktober Online-Belästigung und Cybermobbing
erfahren. Knapp 64 Prozent berichten von verbaler Belästigung. 14
Prozent sagen, sie seien physisch bedroht worden, ebenfalls 14 Prozent
berichten von Sachbeschädigungen. Mehrere Befragte berichten von
Bestrebungen, sie von Veranstaltungen oder Projekten auszuschließen. Und
noch einmal rund 14 Prozent der Befragten geben an, sie würden derzeit
Personenschutz oder andere spezielle Schutzmaßnahmen in Anspruch nehmen.
Julia
Bernstein, Soziologie-Professorin und Initiatorin des Netzwerks, sieht
das Problem als sehr grundsätzlich an: "Es wäre zu Recht undenkbar zu
sagen: 'Wir können die Sicherheit von Frauen auf dem Campus nicht
gewährleisten.' Bei Juden passiert aber genau das. Es werden Dinge
toleriert, die für sie ein normales Leben unmöglich machen: Gewalt,
Bedrohungen, Ausgrenzung."
Jüdische Hochschulangehörige seien in
Deutschland in einer absoluten Minderheit, sagt Bernstein. "Ihre Stimmen
und ihre Lage werden oft übersehen, überstimmt und auch überhört." Zwar
heiße es aus der Mehrheitsgesellschaft immer wieder, Antisemitismus
würde aufs Schärfste verurteilt. "Aber wenn es tatsächlich darauf
ankommt, erleben die Betroffenen etwas völlig anderes."
Die
Mitglieder des Netzwerks fordern unter anderem bessere
Sicherheitsvorkehrungen, klare Richtlinien sowie mehr Aufklärung und
Prävention und verbindliche Weiterbildungen für Beschäftigte. Auch
sollten bestehende Antidiskriminierungsstellen dafür sensibilisiert
werden, wie Antisemitismus zu erkennen und zu bekämpfen ist.
Quelle: dts Nachrichtenagentur