Hochwasser schwappt weiter nach Norden
Archivmeldung vom 07.06.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Hochwasserlage in Deutschland verlagert sich Richtung Norden. In Sachsens Landeshauptstadt Dresden passierte der Hochwasserscheitel der Elbe am Donnerstag bei einem Höchststand von 8,76 Metern die Stadt, am frühen Freitagmorgen waren es schon gut zehn Zentimeter weniger. Die Elbe schwoll weniger stark an als vorhergesagt, die Behörden hatten einen Höchststand um die neun Meter gerechnet. Bei der Jahrhundertflut 2002 wurden in Dresden sogar 9,40 Meter gemessen. Dennoch waren 9.000 Dresdner ohne Strom.
Im sächsischen Torgau steigt das Wasser noch an, auch hier gab es Evakuierungen. Aber die Menschen in den betroffenen Ortschaften sind Hochwasser gewohnt, viele blieben einfach zu Hause.
In Bitterfeld in Sachsen-Anhalt droht weiterhin die Überflutung, die "Goitzsche" läuft immer weiter voll.
In Halle sinkt der Pegel langsam, aber stetig: Die Lage ist stabil, sagt die Stadt, aber Entwarnung könne noch nicht gegeben werden. Auch in Calbe-Gottesgnaden und Bernburg steht das Wasser in den Straßen.
In Magdeburg wartet man noch gebannt, erst am Sonntag wird hier der Höhepunkt erwartet, am Freitagmorgen stand der Pegel bei 6,91 Metern, aber auch das ist schon fünf Meter höher als normal.
Im Kampf gegen das Hochwasser war am Abend ein dritter Mensch in Sachsen-Anhalt ums Leben gekommen: Um kurz vor 20 Uhr war in Wittenberg ein 74-jähriger Mopedfahrer mit dem Radlader eines 54-jährigen Fahrers zusammengestoßen, der beim Transport von Sandsäcken im Einsatz war. Der Fahrer des Mopeds verstarb an der Unfallstelle. Er soll zuvor selbst als Helfer im Einsatz gewesen sein. Es ist das dritte Todesopfer, das in Zusammenhang mit dem Hochwasser in Sachsen-Anhalt gebracht wird.
In Thüringen geht das Wasser immer weiter zurück. Nur noch an drei Messstellen der Saale gilt Alarmstufe 3: in Kaulsdorf, Rothenstein und Camburg-Stöben, dafür werden in vielen Landesteilen jetzt die Zerstörungen sichtbar.
In Bayern waren die Augen am Freitagmorgen nach Osterhofen im Landkreis Deggendorf gerichtet. Dieser drohte zu brechen. Die Stadt Regensburg hat den Katastrophenalarm unterdessen aufgehoben, nachdem der Donau-Pegel gesunken war.
In Norddeutschland hoffen die Menschen, dass das Elbe-Hochwasser nun doch nicht so hoch ausfallen wird, wie befürchtet. Die geplante Evakuierung in Lauenburg wurde vorerst ausgesetzt.
NRW-Wirtschaftsminister Duin: Mehr Steuerfreibetrag für Handwerk wegen Flut-Schäden
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) fordert, den Steuerfreibetrag für private Handwerksrechnungen zu erhöhen. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, soll der bisherige Betrag von 6.000 Euro jährlich an Handwerkskosten, für den 20 Prozent Steuer erstattet wird, befristet hochgesetzt werden. Minister Duin sagte dem Blatt: "Der Betrag sollte bis Ende 2013 auf 10.000 Euro steigen, um Schwarzarbeit in den Flut-Gebieten zu minimieren."
Bayerischer Bauernverband: Hochwasserschäden in einem Jahr nicht aufholbar
Der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Walter Heidl, erklärte zu den Folgen des Hochwassers in Bayern, der Schaden und die Ernteausfälle seien "auf ein Jahr sicher nicht aufzuholen". Heidl kritisiert im Sender Phoenix zudem die Pläne von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), für den Hochwasserschutz Bauern zu enteignen: "Dass man auch an den Hochwasserschutz ran muss, ist klar. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch darum bitten, dass man die Belange der Landwirte mit berücksichtigt. Naturschutzausgleich kann man auch woanders machen. Wir brauchen die Flächen, die nicht für den Hochwasserschutz gebraucht werden, für unsere Landwirte."
Pronold fordert von Merkel Geld für Flutopfer statt Steuergeschenke
Florian Pronold, Mitglied im SPD-Kompetenzteam von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angesichts der Flutschäden wegen ihrer Wahlversprechen attackiert: "Man kann auf das eine oder andere Steuergeschenk verzichten. Die Kanzlerin hat gerade 40 Milliarden versprochen, die sie irgendwoher haben wird. Vielleicht verspricht sie ein bisschen weniger und hilft den Menschen vor Ort, die es jetzt dringend brauchen", so Pronold im Gespräch mit dem Fernsehsender Phoenix. Was man brauche, sei ein Programm, mit dem die Infrastruktur nicht aus dem Haushalt, sondern mit zusätzlichem Geld finanziert werde. FDP-Generalsekretär Patrick Döring kritisierte unterdessen eine zu starke Bürgerbeteiligung bei Fragen des Hochwasserschutzes: "Ich bin sehr für Bürgerbeteiligung, aber bei Hochwasserschutzmaßnahmen müssen wir auch die Verfahren so anschauen, dass man nicht in die Lage kommt, dass man zehn Jahre später den Bürgern erklären muss, dass wir wegen der tollen Bürgerbeteiligung die Hochwasserschutzmaßnahme leider nicht umsetzen konnten. Das sind zwar immer Konflikte. Aber lieber Hochwasserschutz als eine weitere Katastrophe alle zehn Jahre."
Städtetags-Präsident: Weitere Bundeshilfen für Hochwasser-Regionen unumgänglich
Angesichts der enormen Schäden in den Hochwasser-Regionen hält der Präsident des Deutschen Städtetags, Ulrich Maly, weitere Hilfen des Bundes für unumgänglich. "Die 100 Millionen Euro des Bundes sind als Soforthilfe angekündigt und als solche wichtig zur kurzfristigen Unterstützung", sagte Maly der "Saarbrücker Zeitung". Die Hochwasserschäden dürften aber deutlich höher sein. "Deshalb wird sicher, wenn das ganze Ausmaß sichtbar wird, über weitere Hilfen gesprochen", so Maly. Zugleich forderte der Verbands-Präsident Bund und Länder zur raschen Verständigung im Interesse der Flutopfer auf. "Der Bund muss umgehend mit den Ländern und Kommunen klären, wie die Bürgerinnen und Bürger unbürokratisch gezielte Unterstützung und Finanzmittel erhalten", forderte Maly.
Vor dem Hintergrund des im August in Kraft tretenden Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren rechnet Maly mit Schadenersatzforderungen unzufriedener Eltern. "Ich sehe das mit gemischten Gefühlen". Einerseits hätten die Kommunen stark in den Betreuungsausbau investiert. Dennoch werde der individuelle Rechtsanspruch auch dazu führen, dass Kommunen nicht alle Eltern zufriedenstellen könnten, erklärte Maly. "Bei Schadenersatzforderungen sehen wir auch die Urheber des Rechtsanspruchs, also Bund und Länder, in der politischen Mitverantwortung", sagte der Städtetags-Präsident.
Quelle: dts Nachrichtenagentur