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Zwei Drittel der Deutschen nehmen Arztrechnungen genau unter die Lupe

Archivmeldung vom 16.04.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.04.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Vom Fachchinesisch der Mediziner lassen sich die Deutschen nicht abschrecken: Zwei Drittel gucken sich ihre Arztrechnungen genau an, um zu prüfen ob sie fehlerhaft sind bzw. ob die dort aufgeführten Leistungen auch tatsächlich erbracht worden sind.

Die große Mehrheit der Ärzte nimmt sich jedoch die Zeit, um ihren Patienten die Rechnungen umfassend zu erläutern. Bei über 13 Prozent bleiben aber dennoch Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung, knapp fünf Prozent werden sogar aktiv - bis hin zum Prozess. Dies ergab eine repräsentative Befragung des größten deutschen Arzthaftpflichtversicherers DBV-Winterthur in Zusammenarbeit mit TNS-Infratest.

Bei der Umfrage wurde ermittelt, ob sich Patienten, die eine Rechnung von ihrem Zahnarzt bekommen - entweder als Privatversicherter oder wenn es sich um den selbst zu bezahlenden Eigenanteil (z.B. bei Implantaten) geht - diese genauer anschauen. 70 Prozent haben dies bejaht, während 21 Prozent geantwortet haben, dass sie ihrem Arzt vertrauen würden, dass bei der Rechnung alles seine Ordnung hat. Sechs Prozent gaben an, dass sie Arztrechnungen mit den ganzen Fachbegriffen sowieso nicht verstehen würden. Positiv: Eine große Mehrheit von 71 Prozent sagt, dass ihr Zahnarzt bei Nachfrage versucht habe, ihnen die Inhalte der Rechnung umfassend zu erläutern. Nur 3,3 Prozent äußern, dass der Arzt bei ihnen auf Nachfrage oft genervt oder mürrisch reagiert habe.

Trotzdem können immerhin 13,3 Prozent der Befragten nicht zufrieden gestellt werden: 8,8 Prozent sagen, dass - egal ob der Zahnarzt unfreundlich oder zuvorkommend reagiert hat: Bei Rechnungen blieben auch nach den persönlichen Erläuterungen Zweifel, ob diese auch wirklich korrekt war. 4,5 Prozent der Befragten sind sogar schon ein- oder mehrmals aktiv geworden, weil sie die Zahnarztrechnung nicht für korrekt hielten - sei es durch massive Beschwerden beim Zahnarzt selbst oder bei anderen Stellen (z.B. Ombudsmann) oder sogar mit anwaltlicher Hilfe.

"Wir stellen immer häufiger fest, dass eine vermeintlich fehlerhafte Rechnung zum Arzthaftpflichtfall wird", berichtet Patrick Weidinger, Leiter Arzthaftpflicht bei der DBV-Winterthur, auf dem 113. Internistenkongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Wiesbaden. "Immer dann wenn der Patient die Behandlungskosten ganz oder teilweise persönlich trägt, geht es bei unseren Arzthaftpflichtfällen oft nicht - wie sonst üblich- um Schadenersatzansprüche, sondern um einen Streit über die Liquidation. Der Patient trägt vor, dass er die Rechnung nicht bezahlen will, weil er mit der Leistung unzufrieden ist. Erst im weiteren Verlauf stellt er dann eigene Schadenersatzansprüche, weil die vermeintliche Schlechtleistung des Arztes zu einem Körperschaden geführt habe." Diese Tendenz, Arztrechnungen zu hinterfragen und Fehler zu suchen, könnte ihre Ursache in der zunehmenden finanziellen Belastung der Patienten haben.

Grundsätzlich gilt: Seit Jahren ist der überwiegende Anteil der erhobenen Vorwürfe gegen Ärzte in Bezug auf Behandlungsfehler unberechtigt. Beim Marktführer DBV-Winterthur sind 128.000 Ärzte berufshaftpflichtversichert. Im Jahr 2006 gingen bei der Versicherung 4.362 Meldungen über vermeintliche Behandlungsfehler ein. Von diesen Vorwürfen waren 46 Prozent berechtigt, 54 Prozent jedoch nachgewiesen unberechtigt. Dies gilt nicht erst seit 2006: "Obwohl unser Bestand an Arzthaftpflichtversicherten in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich zugenommen hat, blieb die absolute Zahl der jährlichen Schadenmeldungen in diesem Zeitraum stabil. Ebenso stabil blieb das Verhältnis von berechtigten zu unberechtigten Vorwürfen: Mehr als die Hälfte der Vorwürfe waren stets nachgewiesen unberechtigt", erläutert Weidinger.

Bei der Entscheidungsfindung spielen die Gutachter- und Schlichtungsstellen eine große Rolle. In über einem Drittel aller Fälle werden diese durch den Patienten angerufen. Ihr Ergebnis wird meist von allen Beteiligten akzeptiert. Der Anteil der Schlichtungsverfahren beträgt 32 Prozent. Ein gerichtliches Verfahren wird nur aufgenommen, wenn es unvermeidbar ist. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Forderungen der Höhe nach deutlich über den Vergleichsbeträgen der Rechtsprechung liegen. "Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass der beklagte Arzt nur selten den Prozess verliert", resümiert Weidinger, "von den acht Prozent aller Fälle, in denen es zum Zivilprozess kam, hat der Arzt nur bei vier Prozent 'verloren', das sind gerade einmal 0,44 Prozent aller Fälle."

In der Medizinerausbildung sind Arzthaftung und rechtliche Rahmenbedingungen des Arztberufes bisher allerdings noch immer kein Thema.

Quelle: Pressemitteilung DBV-Winterthur

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