Polizei Niedersachsen will Gen-Rasterfahndung etablieren
Archivmeldung vom 09.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer niedersächsische Landesverband der Piratenpartei Deutschland beobachtet mit Sorge die Pläne der Polizei, im Fall des Holzklotzwurfes auf die Autobahn A29 Massengentests ins Auge zu fassen.
"Natürlich müssen alle Anstrengungen unternommen werden, den Anschlag
aufzuklären," so Dirk Hillbrecht, Vorstandsmitglied des
Landesverbandes. "Dabei müssen aber die Persönlichkeitsrechte
Unbeteiligter gewahrt bleiben." Den genetischen Fingerabdruck einer
Person zu erfassen stellt einen erheblichen Eingriff in diese
Persönlichkeiterechte dar, zumal wenn sie, wie hier beabsichtigt,
völlig ohne konkrete Verdachtsmomente passieren soll.
Besorgniserregend ist dabei vor allem, so Hillbrecht weiter, die Tatsache, dass die Freiwilligkeit an der Teilnahme nicht nur unerwähnt bleibt, sondern sogar gezielt unterlaufen werden soll. "Die Polizei spekuliert offen auf einen 'gesellschaftlichen Druck', an der Maßnahme teilzunehmen. Dabei ist von Gesetzgeber mit gutem Grund festgelegt, dass bei einem Massengentest ohne Verdachtsmomente die Teilnahme nicht nur freiwillig ist, sondern eine Nichtteilnahme zu keinerlei Nachteilen führen und insbesondere nicht als Anfangsverdacht ausgelegt werden darf. Es lässt nichts Gutes ahnen, wenn die Verantwortlichen sich bereits im Vorfeld derart über grundsätzliche rechtsstaatliche Erwägungen hinwegsetzen. Auch sollte hier vorab geklärt werden, in wie weit es einer Zustimmung der Erziehungsberechtigten bedarf."
In Deutschland gilt als grundlegendes rechtsstaatliches Prinzip die
Unschuldsvermutung. "Nicht der Bürger muss seine Unschuld beweisen,
sondern die Ermittlungskräfte müssen den Täter überführen." Ein
Massengentest kehrt dieses Prinzip um. Die Piratenpartei fordert
deshalb die Polizei auf, von der generalverdächtigenden Maßnahme
Abstand zu nehmen, zumal sie nach aktuellem Stand vor allem Jugendliche
und sogar Minderjährige treffen soll.
Zudem empfiehlt die Piratenpartei schon jetzt allen potentiell Betroffenen, sich genau zu überlegen, ob sie einer "freiwilligen" Erfassung ihres genetischen Fingerabdrucks zustimmen wollen. "Gentests werden oft als ein überragendes Beweisverfahren dargestellt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das Verfahren kann mit nennenswerter Wahrscheinlichkeit Genproben verschiedener Menschen als gleich erkennen. Zudem wird nichts über die Qualität des für den Genvergleich verfügbaren Materials ausgesagt," gibt Hillbrecht zu bedenken. "Gerade im Oldenburger Fall stellt sich die Frage, wie sicher die Indizien auf die in Auge gefasste Tätergruppe wirklich sind. Das Phantombild erinnert jedenfalls eher an den Umschlag eines Jugendbuches." Man müsse sich schon genau überlegen, so Hillbrecht, ob man sich unter diesen Umständen einem falschen Anfangsverdacht auf Grund eines nicht eindeutigen Tests aussetzen wolle.
Quelle: Piraten Niedersachsen