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Thierse zum TV-Ende von Christiansen: Politik als Mittel der Unterhaltung ist Schau, keine politische Information

Archivmeldung vom 23.06.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der SPD-Politiker und Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse hat zum Ende der zehnjährigen Talkshow-Karriere von Sabine Christiansen von seinen Politiker-Kollegen mehr Selbstbewusstsein verlangt, Einladungen von Medien zur Teilnahme an politischen Unterhaltungs-Shows abzulehnen.

In einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" sagte Thierse: "Das Besichtigen einer Talkshow, die sich der Politik als Mittel der Unterhaltung bedient, ist keine politische Information. Es ist auch keine Teilnahme an Politik, wenn man bequem im Fernsehsessel sitzt und eine Talkshow sieht. Die wirkliche Politik ist grauer, hässlicher, schweißtreibender, ernsthafter und am Schluss auch folgenreicher als die witzigen Bemerkungen und die Schlagfertigkeit eines Politikers in einer Talkshow."

Als "nicht so schmerzhaften Schlag" für die Demokratie bewertete Thierse die mit Christiansen eingeleitete Talkshow-Inszenierung von Politik. "Die Demokratie ist durch Frau Christiansens Sendung weder gefährdet noch befördert worden", meinte Thierse, der vor Jahren sich gegen den Eindruck gewehrt hatte, die Christiansen-Sendung sei eine Art Ersatzparlament im Vergleich zum Bundestag. Zuvor hatte der CDU-Politiker Friedrich Merz die Christiansen-Sendung als das eigentliche Parlament gelobt und gemeint, im Bundestag ginge es langweilig zu. Dazu sagte Thierse jetzt: "Die Sendung von Frau Christiansen heißt richtiger Weise Talkshow, mit der Betonung auf Schau. Das ist eine Unterhaltungssendung. Dort ist Politik nicht Gegenstand der Unterhaltung, sondern Mittel der Unterhaltung. Im Bundestag ist Politik Gegenstand und das ist keine Unterhaltungsveranstaltung, sondern dort wird es ernst. Mir ging es immer um diesen wichtigen entscheidenden Unterschied zwischen einer Show und dem Ernst des Parlaments."

Das Fernsehen mit seinem Millionenpublikum, so Thierse, sei "eine große Verführung" für die Politik. "Politiker sind so eitel wie andere Menschen auch. Aber, das ist der wichtige Unterschied, sie sind abhängiger von Öffentlichkeit. Das, was Politiker sagen und tun, erfahren die Bürger, unter anderem auch die Wähler ihres Wahlkreises, nur dann, wenn es über journalistische Vermittlung an sie weitergegeben wird." Dabei habe das Fernsehen "eine besonders wichtige Vermittlungsrolle", meinte Thierse. "Deswegen können Politiker sich kaum, nein, sie können es sich überhaupt nicht erlauben, gänzlich das Fernsehen zu meiden und erst recht nicht eine Sendung mit Millionenpublikum. Das sollte man Politikern nicht vorwerfen." Allerdings habe er sich immer gewünscht, dass sie pfleglich damit umgingen. "Man muss sich nicht zu jedem Thema einladen lassen. Man sollte sich genau überlegen, wann uns etwas so wichtig ist und man selbst so gut vorbereitet ist, um in der Sache begründete Ansichten vorzubringen." Und schließlich sollte man sich überlegen, ob das dann auch noch in eine Unterhaltungssendung passe. Aber er wisse genau, dass Politiker nicht immer nur nein sagen könnten. "Sie müssen auch öffentlich vorkommen. Sie müssen wahrnehmbar sein, sonst existieren sie nicht für ihre Wähler, für die Bürger. Und dann können sie nur verlieren. Es ist halt so: Wir können das Fernsehen weder aus der Gesellschaft noch aus der Demokratie wieder hinauswerfen", bilanzierte der Sozialdemokrat.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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