Feuerwehrgewerkschaft zu Bagatell-Rettungseinsätzen: "Ich klebe ein Pflaster, und der Nachbar verstirbt"
Archivmeldung vom 17.11.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr ist laut der Gewerkschaft durch zu viele Einsätze überlastet. Der Vorsitzende der Landesgruppe Berlin-Brandenburg bei der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft, Micha Quäker, nannte dafür im Inforadio vom rbb am Mittwoch eine Vielzahl von Gründen.
"Zum einen ist die hausärztliche Versorgung schlechter geworden. Gerade wenn ein Patient zu einem Facharzt muss, wird das mittlerweile alles auf die Krankenhäuser abgewälzt. ... Dann ist der kassenärztliche Versorgungsdienst auch nicht mehr so schlagkräftig wie früher. Da kommt es teilweise vor, dass ein Patient bis zu sechs Stunden warten muss. Wenn man sich schlecht fühlt, hat man nicht diese Zeit und da wird dann schnell auf die Feuerwehr ausgewichen. Und dann gibt es Bürger, die denken, wenn ich mit der Feuerwehr ins Krankenhaus komme, werde ich schneller behandelt"
Dazu gibt es laut dem Gewerkschafter viele Rettungseinsätze, bei denen kein richtiger Notfall vorliegt. "Ich stelle das mal krass und plastisch dar: Wenn ich jetzt zu einem Patienten fahre, der sich in den Finger geschnitten hat, also eine leichte Blutung, die man versorgen könnte mit einem Pflaster und dann zum Arzt gehen könnte, da fahre ich jetzt hin, und der Nachbar nebenan ist beispielsweise gerade umgekippt und reanimationspflichtig. Ja, da bin ich dann und klebe ein Pflaster und sein Nachbar verstirbt. Und das sollte sich jeder Bürger mal wirklich in den Sinn rufen."
Laut rbb24 Recherche sind die Einsatzzahlen bei der Feuerwehr zuletzt drastisch gestiegen. Deswegen hat der Rettungsdienst in diesem Jahr schon 149 Mal den Ausnahmezustand ausgerufen - mehr als doppelt so häufig wie im vergangenen Jahr.
Quelle: rbb - Rundfunk Berlin-Brandenburg (ots)