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Report Mainz: Radikalisierung durch Islamseminare

Archivmeldung vom 16.03.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, warnt vor der Radikalisierung von Moslems durch die Teilnahme an Islamseminaren in Deutschland.

Wörtlich sagte er im Fernsehinterview: "Es ist der Missbrauch dieser Religion für politische Zwecke und das findet eben, nachdem was wir sehen, auch in solchen Islamseminaren statt. Und es gibt eine Reihe von Protagonisten, die diese Gelegenheit nutzen, um den einen oder anderen zu radikalisieren und womöglich auch für militante Aktionen, für terroristische Aktionen zu rekrutieren."

Diese Islamseminare finden nach gemeinsamen Recherchen von "Report Mainz" und "Fakt" seit gut fünf Jahren in Moscheen, aber vielfach auch außerhalb in Ferienheimen und sogar in staatlichen Einrichtungen in Deutschland statt. Die Veranstaltungen haben großen Zulauf mit bis zu 500 Teilnehmern. Besucht werden sie vor allen von jungen Deutschen, die konvertiert sind, und von jungen Migranten, die ihren Glauben neu entdecken. Gegen zehn Verantwortliche solcher Veranstaltungen, also Organisatoren und Prediger, ermittelt die Staatsanwaltschaft München I wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Außerdem "besteht der Verdacht der Verbreitung volksverhetzender Schriften zum einen und zum anderen der Verdacht zur Anwerbung für fremden Wehrdienst und nicht zuletzt, aber auch zur Radikalisierung von Menschen, angefangen von der Missionierung bis hin zu djihadistischen Tätigkeiten", sagte der Oberstaatsanwalt Anton E. Winkler.

Zu den Beschuldigten gehören z. B. der bundesweit bekannte Djihad-Aktivist Reda Seyam und der Prediger Mohamad B. aus Bonn. Er ist einer der ideologischen Scharfmacher dieses Netzwerkes von Predigern und Islam-Gelehrten. Aus dem Arabischen hat er die Schrift "Die Glaubenslehre der Sunnitischen Gemeinschaft", die laut Staatsanwaltschaft München u. a. eine Grundlage der Seminare ist, ins Deutsche übersetzt. Verbreitet wird sie über den islamistischen Bonner Verlag Al-Tamhid. Darin heißt es z. B.: Wenn ein Moslem behauptet eine andere Religion als die des Islam sei möglich, dann ist er ein "Ungläubiger". Er muss das "bereuen". Tut er dies nicht, "muss er als ein Abtrünniger (Murtad) hingerichtet werden."

Nach Einschätzung des ehemaligen Moslems Barino Barsoum, der selbst an unzähligen Islamseminaren teilgenommen hat, werden junge Menschen so radikalisiert: "Sie werden erst mal darauf getrimmt, nichts anderes an sich heranzulassen als die islamischen Glaubensquellen. Und das man nichts anderes an sich heranlässt außer genau diese Quellen - den Koran und die Tradition des Propheten und die Schriften der Gelehrten darüber - führt zwangsläufig zu einer Radikalisierung, führt zwangsläufig auch zur Legitimation von Gewalt."

Barino Barsoum konvertierte mit 18 Jahren zum Islam und blieb fünf Jahre intensiv dabei. In dieser Zeit stellte er aber zunehmend fest, dass die radikale Auslegung des Islams mit seinen Werten nicht vereinbar sei. Deshalb wendete er sich ab. Barsoum vergleicht diese Seminare mit einer Gehirnwäsche: "Aus diesen Seminaren kommt man raus gehirngewaschen, kann man sagen. Man hat immer nur einen Punkt indoktriniert bekommen, immer wieder wiederholt: Das einzige Gesetz, dem man gehorchen darf, ist der Koran und ist die Tradition des Propheten Mohamed. Alles, was gegen den Koran und was gegen die Tradition des Propheten Mohamed ist, ist abzuweisen."

Nach Recherchen von "Report Mainz" und "Fakt" haben mehrere deutsche Djihadisten und muslimische Terroristen an solchen Islamseminaren teilgenommen bzw. diese selbst aktiv gestaltet - z. B. der erste deutsche Selbstmordattentäter in Afghanistan, Cüneyt Ciftci. Sein Sprengstoffanschlag  vor einem Jahr auf einen dortigen Nato-Stützpunkt kostete vier Menschen das Leben. Ciftci ist auf Islamseminaren genauso radikalisiert worden wie die mutmaßlichen Terroristen der Sauerlandzelle. Und der Djihadist Bekay Harrach hat sogar Vorträge bei solchen Veranstaltungen gehalten. Er wartet nur darauf, Anschläge in Deutschland zu begehen: "Mich für Allah in die Luft zu sprengen, ist mein Wunsch seit 1993", sagte er in einem Terrorvideo vom Januar dieses Jahres.

Quelle:  "Report Mainz" (heute, 21.45 Uhr im Ersten) und "Fakt" (MDR)

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