Dalai Lama spricht vor 4500 Zuschauern in Münster
Archivmeldung vom 22.09.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlIn seiner teils sehr emotionalen Rede, die unter dem Motto "Globale Verantwortung in Wissenschaft und Gesellschaft" stand, betonte er die Gleichheit aller Menschen. Mitgefühl, Toleranz und Offenheit, so das geistliche Oberhaupt der tibetanischen Buddhisten, seien im menschlichen Miteinander unerlässlich.
"Wir können nicht allein überleben, wir sind auf Gemeinschaft angewiesen", so der 72-Jährige, der gestern die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Chemie und Pharmazie der WWU Münster erhalten hatte. Auch Forscher müssten sich der Konsequenzen ihres Tuns bewusst sein.
"Sie stehen für den Dialog zwischen Wissenschaft und Religion", erklärte Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wissenschaft, Innovation, Forschung und Technologie, der zur Veranstaltung aus Düsseldorf angereist war. "Wir brauchen Offenheit und Neugierde." Bereits am Vormittag hatte der Dalai Lama mit 30 Kollegiaten der Graduate School NRW über die gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaftlern diskutiert. Ihre Vorbereitung auf Führungspositionen bestehe nicht nur aus exzellenten wissenschaftlichen Rahmenbedingungen. Auch müssten sich die jungen Nachwuchswissenschaftler ihrer menschlichen Begrenztheit bewusst sein. Toleranz und Offenheit gehörten zu einer universalen Bildung unabdingbar dazu, begründete Prof. Dr. Wilhelm Schäfer, Leiter der "Graduate School" Paderborn, die Einladung des Dalai Lama im Namen der Promotionszentren.
Dass geistige Arbeit unerlässlich sei, betonte der Dalai Lama an mehreren Stellen. Nur Computern stehe er noch skeptisch gegenüber, frotzelte er in Richtung Prof. Schäfer, der als Informatiker das Paderborner Promotionsprogramm leitet. "Computer machen Menschen faul." Besonders setzte der Dalai Lama sich in seiner Ansprache für Respekt gegenüber anderen Menschen ein: "Wir sind Brüder und Schwestern. Wir haben alle das gleiche Potenzial", sagte er und verglich die menschliche Gemeinschaft mit dem Zusammenspiel von Daumen und Fingern. Zusammen könne der Mensch viel mit ihnen erschaffen. Ohne einander seien sie nutzlos.
Respekt wünsche er sich auch von der chinesischen Regierung, die Tibet seit 1950 besetzt haben. "Wir reichen unsere rechte Hand nach China", wiederholte der Dalai Lama auf eine Zuschauerfrage nach der Zukunft der tibetischen Buddhisten, "doch die Hand ist immer noch leer." Zwar seien die Tibeter auf dem Papier autonom, de facto hätten sie kaum Rechte.
Wie bei seinem letzten Deutschland-Besuch in Hamburg, setzte sich der Religionsführer für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein. Frauen seien es, die Kindern die meiste Zuneigung böten und sensibel seien. Männer seien ihnen zwar meist physisch überlegen, doch gebe ihnen dies nicht das Recht, sie zu unterdrücken. Seine Nachfolge müsse nicht unbedingt männlichen Geschlechts sein. "Weiblicher Dalai Lama - willkommen", sagte er lachend.
Die sieben nordrhein-westfälischen "Graduate Schools" wurden 2001 durch das Land Nordrhein-Westfalen gegründet, um die Ausbildung exzellenter Nachwuchsforscher zu fördern. Die Arbeitsgebiete der verschiedenen Standorte reichen von der Genetik bis zur Produktionstechnologie, wodurch die Stärken der Forschung an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen auf der Ebene der Doktorandenförderung gezielt unterstützt werden sollten. Die Ziele der "NRW Graduate Schools" sind eine Begrenzung der Promotionszeit auf etwa drei Jahre, eine Internationalisierung im Bereich der Promotionsausbildung und die Vermittlung berufsrelevanter Zusatzqualifikationen. Die erfolgreiche Arbeit der "NRW Graduate Schools" hat dazu geführt, dass sie für die Ausschreibung der Exzellenzinitiative in der Förderlinie "Graduiertenschulen" allgemein als Vorbild gelten.
Quelle: Pressemitteilung Westfälische Wilhelms-Universität Münster