Ex-Insassin: Beate Zschäpe spielt vor Gericht Theater
Archivmeldung vom 11.05.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine ehemalige Mitgefangene in der Justizvollzugsanstalt München (JVA) erhebt schwere Vorwürfe gegen Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte im Prozess gegen die mutmaßlichen Rechtsterroristen des sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU): "Sie spielt Theater. Ihre Auftritte vor Gericht sind eine Inszenierung", sagt Astrid Ebenhoch, Ex-Insassin im Frauengefängnis Stadelheim, in der Wochenzeitung DIE ZEIT. "Die authentische Zschäpe ist die, die ich im Knast gesehen habe."
Astrid Ebenhoch verbüßte im April 2016 eine Strafe im Frauengefängnis "Stadelheim", in dem auch Zschäpe seit Beginn des NSU-Prozesses im Jahr 2013 einsitzt. In der Haftanstalt hätte Ebenhoch eine andere Beate Zschäpe kennengelernt als die, die sie aus dem Fernsehen kannte.
Zschäpe inszeniere sich vor Gericht unpolitisch, leise, unsicher und als Unwissende mit Blazer und Bluse, so Ebenhoch. Im Gefängnis trete sie hingegen lautstark und selbstbewusst auf, rekrutiere Frauen für ihren "Fanclub", manipuliere Insassinnen und trage Kleidung im "Military-Stil". Bei einem Vorfall habe sie anderen Gefangenen sogar Befehle gegeben, eine Insassin mit Migrationshintergrund mit Mehl und Wasser zu attackieren, wirft Ebenhoch Zschäpe vor.
Diese Woche tagt das Oberlandesgericht München bereits zum 283. Mal im NSU-Prozess. Für Donnerstag hat Beate Zschäpe über ihren Anwalt eine erneute Aussage angekündigt.
Beate Zschäpe wollte sich über ihren Verteidiger Hermann Borchert zu den Vorwürfen nicht äußern, der eine Anfrage mit Verweis auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht beantwortete. Die JVA weist eine Beteiligung Zschäpes an der Mehl-Attacke und einen ausländerfeindlichen Hintergrund dieses Vorfalls zurück. Auch trage Zschäpe im Gefängnis keine militärähnliche Kleidung.
Nach über drei Jahren Verhandlung könnte das Gericht noch dieses Jahr ein Urteil gegen Zschäpe und vier mitangeklagte Unterstützer des NSU fällen, schätzen Prozessbeteiligte.
Quelle: DIE ZEIT (ots)