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Hintergründe der Pkw-Verbrauchskennzeichnung beschäftigen Europäischen Gerichtshof

Archivmeldung vom 04.10.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Hochhaustürme des EuGH auf dem Luxemburger Kirchberg-Plateau. Bild: Zinneke / de.wikipedia.org
Hochhaustürme des EuGH auf dem Luxemburger Kirchberg-Plateau. Bild: Zinneke / de.wikipedia.org

Die Weigerung des Bundeswirtschaftsministeriums, der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) Einsicht in Unterlagen über die konkrete Einflussnahme der Automobilindustrie auf die Novelle der umstrittenen Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) zu geben, wird nun auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigen. Das geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin hervor, vor dem die DUH wegen der Auskunftsverweigerung Klage erhoben hatte. Nach der mündlichen Verhandlung am 22. September 2011 setzte das VG Berlin das Verfahren jetzt aus, um den EuGH klären zu lassen, ob das deutsche Umweltinformationsgesetz (UIG) in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung Europarecht verletzt (Beschluss VG Berlin vom 22.09.2011 - VG 2 K 174.10 -).

Der Grund: Das UIG nimmt alle Informationen von der Offenlegung aus, die im Rahmen der Erarbeitung einer Rechtsverordnung entstanden sind. Die dem UIG zugrundeliegende EU-Richtlinie erlaubt eine Ausnahme aber nur, wenn es sich um Unterlagen handelt, die im Zuge einer Gesetzgebung entstanden sind. Der EuGH muss nun entscheiden, ob diese Ausnahme - wie in der deutschen Umsetzung der EU-Richtlinie geschehen - auch für Rechtsverordnungen greift, die keine formellen Gesetze sind. Weil ein Großteil des Umweltrechts in Deutschland auf Rechtsverordnungen beruht, hat die Frage über den konkreten Fall hinaus herausragende Bedeutung für das Informationsfreiheitsrecht.

Sollte der EuGH das deutsche UIG für EU-rechtskonform erklären, muss das höchste europäische Gericht weiterhin die Frage klären, ob die Auskunftsverweigerung auch noch nach Inkrafttreten der betroffenen Verordnung aufrecht erhalten werden darf. Die Novelle der Pkw-EnVKV ist mittlerweile im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Sie hatte bundesweit Proteste ausgelöst, weil auf ihrer Grundlage beispielsweise ein Audi Q7 Luxusjeep eine bessere Benotung erhält als ein Smart- oder Fiat Panda-Kleinwagen.

"Wir werden an dieser Stelle nicht locker lassen, bis im Detail offen liegt, wie die Bundesregierung bei der Novellierung der Energieverbrauchskennzeichnung den deutschen Autoherstellern zu Diensten war und unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Klimagütesiegel für übermotorisierte Spritschlucker Arm in Arm mit den betroffenen Herstellern aushandelte. Ein solcher Skandal kann auch in Europa nicht einfach hingenommen werden. Wir hoffen jetzt auf eine weise Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Nach Überzeugung der DUH war die deutsche Automobilindustrie im vergangenen Jahr bereits bei der Festlegung der Eckpunkte für die neue Pkw-Energieverbrauchskennzeichnung in die Erarbeitung dieser Regelung miteinbezogen worden. In einer Pressemitteilung des damaligen Bundeswirtschaftsministers Rainer Brüderle (FDP) vom 3. Mai 2010 hatte das BMWi wörtlich erklärt, dass die neue Energieverbrauchskennzeichnung "auch von den deutschen Automobilherstellern mitgetragen" werde. Der Minister habe sich mit der Industrie geeinigt, hieß es in der Mitteilung, jene gewichtsbezogene Einstufung der Pkw in Effizienzklassen vorzunehmen, die nun zu den skandalösen Fehleinstufungen führt. Bis heute weigert sich das inzwischen vom FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler geführte Bundeswirtschaftsministerium, die Unterlagen zu den Kontakten der Bundesregierung mit der Automobilindustrie im Zusammenhang mit der Novelle der Pkw-EnVKV offenzulegen.

"Das nun anstehende Urteil des EuGH hat große Bedeutung für die Informationsfreiheit der Bürger, da ein wesentlicher Teil des Umweltrechts auf Rechtsverordnungen der Verwaltung beruht", erklärte der Berliner Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Rechtsstreit vertritt. Klinger: "Es muss möglich sein, dass der Einfluss von Lobbyorganisationen auch bei der Erarbeitung von Rechtsverordnungen offen gelegt wird."

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e. V.(ots)

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