Erste Vioxx-Haftungsklage in Deutschland eingereicht
Archivmeldung vom 04.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErstmals ist auch in Deutschland eine Haftungsklage wegen des Schmerzmittels Vioxx des US-Herstellers Merck anhängig. Dabei geht es nach einem Bericht des Tagesspiegels um den Fall einer Frau, die im Alter von 59 Jahren nach einem Herzinfarkt starb, nachdem sie das Medikament viereinhalb Jahre eingenommen hatte.
Der Berliner Anwalt Jörg Heynemann, der den Witwer
vertritt, schätzt den Streitwert auf 150 000 Euro. Eingereicht wurde
die Klage beim Landgericht Neuruppin. Weitere Haftungsklagen in
Berlin und Köln sollen in den nächsten Wochen folgen.
Merck hatte vergangenen Monat zum zweiten Mal einen Vioxx-Prozess
in den USA gewonnen. Die Jury eines Bundesgerichts in New Orleans
sprach den Konzern von der Schuld am Tod eines 53 Jahre alten Mannes
frei. Im August vergangenen Jahres hatte dagegen ein Gericht in Texas
in einem ähnlichen Fall noch gegen Merck entschieden. Damals wurde
einer Witwe Schadenersatz von über 250 Millionen Dollar zugesprochen.
Diese Summe dürfte in der Berufung jedoch keinen Bestand haben.
Merck sieht sich allein in den USA mit mehreren tausend Klagen
konfrontiert. Das Unternehmen hatte das Mittel 1999 auf den Markt
gebracht und im September 2004 zurückgezogen, als es noch von rund 20
Millionen Menschen eingenommen wurde. Im Jahr 2003 setzte Merck mit
dem Schmerzmittel mehr als 2,5 Milliarden Dollar um, was zehn Prozent
seines Umsatzes ausmachte.
Unter deutschen Anwälten ist umstritten, ob deutsche
Vioxx-Patienten sich an deutsche oder amerikanische Gerichte wenden
sollten. In den USA könnten höhere Schadenersatzsummen durchsetzbar
sein, bisher sind dort mindestens vier Klagen aus Deutschland
anhängig. Die Kanzlei Teipel & Heynemann hatte Standeskollegen, die
dort klagen, aber vorgeworfen, falsche Hoffnungen zu wecken.
Heynemann hat den Schmerzensgeldanspruch in der Klage gegen die
deutsche Merck-Tochter MSD nicht beziffert, schätzt ihn aber auf 50
000 Euro. Die Schadenersatzforderung von rund 100 000 Euro orientiert
sich am Verdienst der Verstorbenen, die für die Deutsche Telekom in
Berlin als Ingenieurin tätig war. Vioxx-Haftungsklagen gab es bisher
in Deutschland nicht, lediglich so genannte Auskunftsklagen. Die
Zahl der Vioxx-Fälle in Deutschland schätzen Experten auf 7000.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel