Selbstjustiz-Fall von Neuenburg: Mutmaßliches Vergewaltigungsopfer zeigt Verständnis für Racheakt seines Bruders
Archivmeldung vom 25.06.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Selbstjustiz-Fall von Neuenburg hat sich jetzt zum ersten Mal das Opfer der mutmaßlichen Vergewaltigung geäußert. Die 26-Jährige soll am 12. Juni missbraucht worden sein. Sechs Tage später soll der Bruder des Opfers den mutmaßlichen Täter Patrick H. mit einem Messer getötet haben. Gegenüber dem Magazin stern zeigte die Frau Verständnis für die Tat ihres 17-jährigen Bruders. "Ich kann es echt verstehen", sagte sie dem stern. "Er hat es für mich getan, seine Schwester. Er liebt mich sehr. Und er wollte mich immer beschützen."
Unklar ist immer noch, wie es zu der tödlichen Attacke auf den mutmaßlichen Vergewaltiger auf einem Parkplatz gekommen war. Ob nur der Bruder oder auch der Vater an der Tat beteiligt war, ist bislang ebenfalls offen. Die 26-Jährige behauptete gegenüber dem stern, ihr Vater sei erst nach dem Angriff auf den Mann hinzugekommen.
Sie sagte, dass ihr Bruder zuvor Rachegedanken geäußert habe. Als er von ihrer Vergewaltigung erfuhr, sei er ausgeflippt. "Er sagte: ,Ich kriege diesen Mann.'" So habe sie ihren Bruder noch nie erlebt. "Ich dachte, er bricht ihm alle Knochen und bringt ihn zur Polizei." Sie hätte sich aber nicht vorstellen können, dass es tödlich enden würde.
Die 26-jährige behauptete gegenüber dem stern, dass die Polizei frühzeitig von der Gefahr erfahren habe, die von ihrem Bruder ausging. Ihr Vater habe den Polizisten bereits auf dem Revier in Müllheim, kurz nach der Vergewaltigung, gewarnt. Er habe gesagt: "Finden Sie diesen Mann, denn ich weiß nicht, was passiert, wenn mein Sohn ihn findet." Polizei und Staatsanwaltschaft geben an, von solchen Warnungen vor einem Racheakt bisher nichts zu wissen.
Bruder und Vater sitzen derzeit in Untersuchungshaft. Der Bruder hat die Tat bereits gestanden. Ihm drohen nun bis zu zehn Jahre Haft.
Die 26-Jährige bestätigte dem stern, dass sie ihren mutmaßlichen Vergewaltiger kannte. Patrick H. habe vor zehn Jahren die gleiche Hauptschule wie sie besucht. Seitdem hätten sie sich nur flüchtig auf der Straße getroffen, bis zu dem Tag, an dem Patrick H. sie per Handynachricht auf einen Feldweg gelockt und dort vergewaltigt haben soll. Die Frau schilderte auch, dass Patrick H. ihr nach dem mutmaßlichen Missbrauch noch eine Handynachricht per Whatsapp geschickt habe mit der Frage: "Ist alles OK bei dir?" So als sei nichts passiert.
Quelle: Gruner+Jahr, stern (ots)