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Polizei schaut genauer hin: Nicht-deutsche Herkunft bei Tätern pauschal erfasst

Archivmeldung vom 06.01.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.01.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Berliner Polizei erfasst bei weit mehr Straftaten als bisher bekannt die Herkunft der Täter. Das bestätigte am Montag ein Polizeisprecher dem Tagesspiegel. Seit 1. Oktober 2008 wird bei jeder erfassten Straftat neben den üblich Kriterien "deutsch" und "nicht-deutsch" auch die "nicht-deutsche Herkunft" erfasst, wie die Polizei auf Anfrage mitteilte.

Während bundesweit über den Vorstoß von CDU/CSU diskutiert wird, die Herkunft von Straftätern zu erfassen, ist dies in Berlin schon seit längerem üblich. Bislang hatte Berlins Polizei allerdings nur bekanntgegeben, dass sie den Migrationshintergrund von Tätern bei der Jugendgruppengewalt erfasst. Zu den Gründen für die ausgeweitete Erfassung wollte sich die Polizei nicht äußern, kündigte aber eine Erklärung für kommende Woche an. In Politik und Verwaltung provozierte die jetzt bekannt gewordene Praxis unterschiedliche Reaktionen. So hält es der SPD-Rechtspolitiker Fritz Felgentreu für richtig, bei Straftätern die Herkunft zu erfassen: "Man muss wissen, bei welchen Gruppen es besondere Probleme gibt." Das helfe der Polizei, bestimmte Gruppen und Familien gezielter anzusprechen. Dass sehen nicht alle Sozialdemokraten so. "Natürlich muss sich die Polizei angucken, mit wem sie es zu tun hat - aber das muss man nicht gleich in die Kriminalitätsstatistik schreiben, da die Gefahr von Fehlinterpretationen droht", sagt Thomas Kleineidam, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Auch beim Koalitionspartner sieht man das Vorgehen der Polizei skeptisch. "Es ist für die Arbeit der Polizei bestimmt hilfreich, den Hintergrund der Täter zu erfassen", sagt Marion Seelig, innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Allerdings ist sie dagegen, dass diese Angaben in öffentlichen Statistiken benutzt werden: "Das schafft Deutsche erster und zweiter Klasse." Sie sieht die Gefahr, dass so ganze Bevölkerungsgruppen "öffentlich stigmatisiert" werden. Dieses weist SPD-Mann Felgentreu zurück. Allerdings sieht auch er das Problem, dass Begriffe wie "nicht-deutsche Herkunft" oder "Migrationshintergrund" nicht exakt zu definieren sind: "Das ist immer auch ein Stück Gefühlssache, es gibt hervorragend integrierte Migranten und sehr wenig integrierte Menschen, deren Familie seit Generationen hier lebt." Solche Definitionen hätten "immer auch ein Element von Willkür". Genau das stört den Grünen-Politiker Özcan Mutlu: "Diese Regelung öffnet Stigmatisierung und Missbrauch die Tür." Die Polizei verwendet in ihrer Statistik eine Definition, auf die sich die Landesminister im vergangenen September geeinigt haben. Danach sind "Deutsche mit Migrationshintergrund" alle Personen, "die trotz deutscher Staatsangehörigkeit eine nicht-deutsche Herkunft haben (Staatsangehörigkeit oder Geburtsort), oder bei denen dies für wenigstens ein Elternteil gilt." Währenddessen ist das Statistische Bundesamt schon einen Schritt weiter: "Es handelt sich um eine synthetische Variable", sagt Gunter Brückner vom Bundesamt, "wir überlegen, ob man den Migrationshintergrund in einigen Jahren anders definieren sollte". Etwa, indem nach der Sprache gefragt werde, die zu Hause überwiegend gesprochen wird.

Quelle: Der Tagesspiegel

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