Transparenz bei ÖPNV-Pünktlichkeit gibt es nicht überall: ADAC Analyse der Pünktlichkeit von S- und U-Bahn
Pünktlichkeit ist auch eine Frage des Maßstabes, das zeigt eine aktuelle Analyse des ADAC. Die Deutsche Bahn (DB) setzt ihren Pünktlichkeitsschwellenwert beispielsweise bei sechs Minuten, was bedeutet, dass eine Verspätung von bis zu 5:59 Minuten noch als pünktlich eingestuft wird - auch im ÖPNV. Ausfälle werden hierbei gar nicht berücksichtigt. Damit werden teils enorm hohe Pünktlichkeitsquoten erreicht.
Um mehr Transparenz für die Kundinnen und Kunden zu erreichen, hat der ADAC strengere Maßstäbe angelegt. Der Mobilitätsclub hat bei seiner Berechnung der Pünktlichkeit auch Ausfälle einbezogen und zudem strengere Schwellenwerte angesetzt. Licht und Schatten werden so sichtbar - und die von der DB kommunizierten S-Bahn-Pünktlichkeitsquoten von 85 bis knapp 100 Prozent reduzieren sich meist deutlich.
Spitzenreiter bei der Zuverlässigkeit aufgrund sehr geringer Ausfälle ist Hamburg mit seinem Verkehrsverbund HVV: Jeweils 99 Prozent der geplanten S- und U-Bahnen fahren im Testmonat September 2024 tatsächlich. Auch bei der Pünktlichkeit ist Hamburg spitze, denn 93 Prozent der U-Bahnen und gut drei Viertel der S-Bahnen haben weniger als eine Minute Verspätung.
Das schaffen in Berlin und Frankfurt gerade einmal knapp die Hälfte der U-Bahnen. Bei den S-Bahnen erreichen in Berlin gut die Hälfte den strengen Schwellenwert von weniger als einer Minute Verspätung, in Frankfurt jede dritte und in Köln nur gut jede vierte S-Bahn - wobei jede Stadt infrastrukturelle Besonderheiten aufweist. U-Bahnen sind meist pünktlicher, weil sie ein eigenes, vor Außeneinflüssen geschütztes Netz haben.
Transparenz beim Thema Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit wird nicht überall großgeschrieben - auch das zeigt die Untersuchung des ADAC. Sowohl der Münchner Verkehrsverbund MVV als auch die Deutsche Bahn erteilten dem ADAC keine Genehmigung, ihre Datenschnittstellen für die Analyse zu nutzen. Der Kölner Zweckverband go.Rheinland lieferte dem ADAC immerhin eine Auswertung, die aufgrund einer eigenen Berechnungsmethode jedoch nur teilweise in die Analyse einfließen konnte. Die Verbünde VBB in Berlin, RMV in Frankfurt und HVV in Hamburg waren hier transparenter und stellten dem ADAC ihre Datenschnittstellen zur Verfügung.
Nach Ansicht des ADAC sind die vielen Verspätungen mit ein Grund, warum Verbraucher im Zweifel ins Auto steigen, anstatt den ÖPNV zu nutzen. Auch dies trägt am Ende dazu bei, dass der Mobilitätswandel nicht schneller vorankommt. Erforderlich sind aus Sicht des Clubs nicht nur zielgerichtete Investitionen in die Infrastruktur des ÖPNV, sondern auch Transparenz im Umgang mit Echtzeitdaten - daher befürwortet der ADAC das geplante Mobilitätsdatengesetz. Verbraucherfreundliche ÖPNV-Dashboards zur Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sind ebenso wesentlich wie einheitliche und niedrige Pünktlichkeitsschwellenwerte von maximal drei Minuten. Ausfälle sollten in die Pünktlichkeitsquote integriert und als Verspätung gewertet werden. Aus Verbrauchersicht macht die derzeit übliche Nichtberücksichtigung von Ausfällen keinen Sinn.
Mit der Datenerhebung und -analyse hat der ADAC das IT-Unternehmen Cognizant Mobility aus München beauftragt. Schwerpunkt der Untersuchung war der September 2024. Über die Datenschnittstellen der Verkehrsverbünde wurden wochenlang hunderttausende ÖPNV-Echtzeitdaten erfasst und analysiert. Dabei wertete der ADAC auch ausgefallene Züge als verspätet, was ÖPNV-Betreiber in ihren offiziellen Zahlen in der Regel nicht tun. Aus diesem und weiteren Gründen können die ADAC Berechnungen von den offiziellen Zahlen abweichen.
Quelle: ADAC (ots)