"Wir sind Kirche" enttäuscht über den Papst
Archivmeldung vom 15.03.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Kirchen-Reformbewegung "Wir sind Kirche" hat sich enttäuscht über eine ausbleibende Erklärung des Papstes zu den Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen gezeigt. "Viele kirchentreue Katholiken bedauern es, dass Benedikt XVI. nicht einmal ein kleines Wort des Mitgefühls geäußert hat", sagte Vorstandsmitglied Christian Weisner der Münchner Zeitung "tz".
Das Kirchenoberhaupt habe "das wahre Ausmaß der Verunsicherung nicht wahrgenommen". Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, kündigte im Missbrauchsskandal eine umfassende Aufarbeitung der Vorfälle und Gerechtigkeit für die Opfer an.
Die jüngsten Äußerungen von Vatikan-Sprecher Federico Lombardi, der eine Kampagne gegen den Papst sieht, seien "die denkbar schlechteste Kommunikationsstrategie", sagte Weisner. Die Kirche lasse ihre Selbstheilungskräfte nicht zu.
Die Erzdiözese München und Freising hatte am Freitag bestätigt, dass der Papst im Jahr 1980 als Erzbischof der Versetzung eines offenbar pädophilen Priesters aus Essen nach München zustimmte, damit dieser dort eine Therapie machen konnte. Der Priester war jedoch auch wieder in der Gemeindearbeit tätig und wurde 1986 wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer Bewährungs- und einer Geldstrafe verurteilt.
"Unsere Linie ist: Aufklärung und Aufarbeitung! Die Täter müssen sich ihrer Verantwortung stellen", sagte Erzbischof Marx der "Bild am Sonntag". "Den Opfern soll Gerechtigkeit widerfahren. Wir sehen uns darin von Papst Benedikt XVI. bestärkt."
Marx fügte hinzu: "Wir wollen uns gemeinsam mit anderen Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen der vor uns liegenden Aufgabe stellen, Missbrauch zu verhindern, die Prävention zu verstärken und die Sorge um das Wohl der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt zu stellen."
Der Erzbischof zeigte sich bestürzt über die bekanntgewordenen Vorfälle: "Als Volk Gottes erschrecken wir darüber, dass in unserer Mitte diese schrecklichen Vergehen passiert sind. Es gilt, diese schwere Stunde der Kirche als geistliche Herausforderung zu sehen."
Quelle: premiumpresse