Philosoph Safranski: Single-Gesellschaft erzeugt Panik
Archivmeldung vom 18.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung hat der in München lebende wertkonservative Philosoph Rüdiger Safranski sich skeptisch über die Krise der Familie in Deutschland geäußert, aber auch ausführlich sein Engagement für das "Zentrum gegen Vertreibungen" begründet.
Der Mensch sei
anthropologisch gesehen "ein Familientier", erst in neuester Zeit
beginne sich das zu verändern. "Es entwickeln sich Single-Naturen,
über deren geistige Existenz sich schon einiges sagen lässt." In
Familien und Großfamilien beispielsweise sei früher der Umgang mit
dem Tod schon aufgrund der Familiengrößen "wie selbstverständlich"
erlernt worden. Eine atomisierte Single-Gesellschaft aber werde den
Tod verdrängen und "neue Panikgefühle" schaffen. "In der Summe führt
das zu einer dramatischen Unreife in der Gestaltung des Lebens",
meint Safranski. Ein weiteres Beispiel sei, dass für kinderlose
Singles das Denken in Generationsketten seine Bedeutung verliere.
"Sie verhalten sich also mehr und mehr als Endverbraucher, die sich
selbst als Ende der Fahnenstange sehen. Wenn diese Mentalität an die
Macht kommt, ist keine Zukunftspolitik mehr möglich."
Safranski sagte, dass er sich für das in Berlin geplante "Zentrum
gegen Vertreibungen" eingesetzt habe, als ihm klar wurde, das dieses
nicht die Politik der Heimatvertriebenenverbände fortsetze und keine
revanchistischen Ziele verfolge. Der Widerstand, den das Zentrum
ausgelöst habe, zeige, dass die Vertreibungen "eine offene Wunde"
seien und "in unsere Erinnerungskultur" gehörten. Die Eltern des in
Rottweil geborenen Safranski, der mit Peter Sloterdijk das
"Philosophische Quartett" im ZDF moderiert, stammen aus Königsberg.
Quelle: Pressemitteilung Stuttgarter Zeitung