Graumann kritisiert Klagedrohung Martin Walsers: Schriftsteller will gegen Michel-Friedman-Interview zum Antisemitismus vorgehen
Archivmeldung vom 13.11.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKöln. Der Zentralrat der Juden hat mit scharfer Kritik auf die Ankündigung des Schriftstellers Martin Walser reagiert, den Publizisten Michel Friedman wegen Beleidigung zu verklagen. Zentralratspräsident Dieter Graumann nannte Walsers Haltung im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochausgabe) "mehr als unverständlich, ja absolut unglaubwürdig".
Die von Friedman als antisemitisch kritisierte Friedenspreisrede Walsers von 1998 "bleibt für uns von monumentaler Scheußlichkeit". Walser habe seine Rede, in der er mit Blick auf das fortdauernde Holocaust-Gedenken von einer "Moralkeule" gesprochen hatte, "niemals bedauert oder sich gar dafür entschuldigt", kritisierte der Zentralratspräsident.
Friedman hatte im "Kölner Stadt-Anzeiger" ein Vordringen von Rassismus und Antisemitismus in die Mitte der Gesellschaft angeprangert und in diesem Zusammenhang Walser und Literaturnobelpreisträger Günter Grass angegriffen. Sie hätten "Pamphlete in Rede- oder Gedichtform" verfasst. Walser wies den Vorwurf des Antisemitismus als ihm unerklärlich zurück und verlangte ultimativ eine Entschuldigung Friedmans. Andernfalls, so Walser, werde er ihn verklagen.
Graumann hingegen unterstrich Friedmans Kritik an Walsers Rede. So wie dieser "haben wir alle im Zentralrat das immer schon gesehen. An unserer Einschätzung hat sich nichts geändert." Das habe er - Graumann - gerade erst in der vorigen Woche anlässlich des Gedenkens an die Pogromnacht vom 9. November bekräftigt. Eine Klage Walsers würde er für "als besonders unklug bewerten", so Graumann weiter. "Es wäre ein Klagen auf falschem und fragwürdigem Niveau." Er habe Walser zwar nicht zu beraten, wünsche sich aber sehr "Einsicht statt Klage" von ihm. "Das wäre schön", fügte Graumann hinzu.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)