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Pentagon nimmt Kritik an WikiLeaks zurück

Archivmeldung vom 18.10.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.10.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Afghanistan-Krieg: Pentagon wird gegenüber WikiLeaks kleinlaut. Bild: Wikimedia Commons
Afghanistan-Krieg: Pentagon wird gegenüber WikiLeaks kleinlaut. Bild: Wikimedia Commons

Die geheimen Militärdokumente, die die Whistleblowing-Plattform WikiLeaks zum Afghanistankrieg veröffentlicht hat, bedrohen Geheimdienst-Informanten der USA nicht. Zu dieser Erklärung hat sich das Pentagon bereits am 16. August 2010 durchgerungen, wie CNN nun berichtet. Hatte es im Juli noch behauptet, an den Händen von WikiLeaks "klebe das Blut junger Soldaten oder ganzer afghanischen Familien", so wurden diese Aussagen nun revidiert. Nato-Offizieren zufolge besteht keine Gefahr von Taliban-Angriffen für Afghaner, die mit der USA im Krieg kooperiert haben.

Die US-Behörde prüfte im Sommer alle 70.000 Afghanistan-Dokumente, die über WikiLeaks verbreitet worden waren. Deren Inhalte stellen zwar taktische Militäroperationen dar, die nationale Sicherheit werde jedoch nicht bedroht durch die Veröffentlichung von Informanten oder ähnlichem. "Das Ergebnis überrascht nicht. Der Aufklärungswert der WikiLeaks-Dokumente entsprach nicht der marktschreierischen Ankündigungen bei der Aufdeckung", erklärt Peter Strutynski, Friedensforscher an der Universität Kassel http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden und Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, im pressetext-Interview.

WikiLeaks hat nichts verändert

Als die "effizienteste Methode für positive Veränderung, wo man sie zulässt" - so hatte Daniel Domscheit-Berg, früherer WikiLeaks-Sprecher für Deutschland, das Whistleblowing gegenüber der Wochenzeitung "Der Freitag" bezeichnet. Konkrete Veränderungen, die durch WikiLeaks ausgelöst worden wären, erkennt Strutynski allerdings nicht. "Die Aufdeckungen waren bisher nicht wirklich neu und haben politisch nichts bewirkt. WikiLeaks hat jedoch nicht den Anspruch, direkt ins Kriegsgeschehen einzugreifen - es ist eine Medienagentur im weitesten Sinne, keine Kriegspartei", betont der Friedensforscher.

Anerkennung spricht Stutynski der Plattform jedoch darin aus, dass sie die Aufmerksamkeit stärker auf den Afghanistan-Krieg gerückt hat. "Sie hat zur notwendigen gesellschaftspolitischen Debatte beigetragen, was ein hoher Verdienst ist." Zudem habe auch die bisher harsche Reaktion aus Washington aufhorchen lassen. Zu dieser zählt der Experte auch die Versuche, den WikiLeaks-Gründer Julian Assange der sexuellen Belästigung zu beschuldigen. "Stets ging es in der Kritik um die Rechtmäßigkeit des Aufdeckens, nicht um die Inhalte selbst. Die Regierenden befürchten, dass noch weiter aufgedeckt wird und damit die Front gegen den Krieg mehr Munition erhält."

Irak-Aufarbeitung kommt ins Rollen

Laut Pentagon wird WikiLeaks bereits in der nächsten Woche 400.000 Dokumente zum Irakkrieg publizieren. Viel zu spät, urteilt der Friedensforscher. "Das Ausmaß des Irakkrieges wird zumindest in der deutschen Öffentlichkeit nicht mehr zur Kenntnis genommen." Derartige Dokumente hätten schon bisher kleine Medien - linksgerichtete oder jene der Friedensforschung - veröffentlicht. Die großen Medien hätten das Thema jedoch weitgehend ausgespart. "Hier ist schon lange nichts mehr außer der Perspektive der USA oder jener der irakischen Regierung zu hören."

Als "weit interessanter" als die WikiLeaks-Irakdokumente bezeichnet Strutynski die Veröffentlichung der US-Regierung der im Krieg getöteten Iraker vergangenes Wochenende. Demnach wurden von Jänner 2004 bis August 2008 insgesamt 77.000 Iraker durch Kämpfe und Anschläge getötet und weitere 120.000 verletzt. Die Zahl selbst sei mit Vorsicht zu genießen, warnt der Experte, da body-count-Agenturen auf bis zu zehnmal höhere Opferzahlen kommen. "Wichtig ist die Zahl jedoch allemal. Sie zeigt, dass ein Krieg ungeheuer viele zivile Opfer im Land fordert, in dem interveniert wird. Zum Schutz der Menschenrechte dient Krieg somit auf keinen Fall."

Quelle: pressetext.redaktion Johannes Pernsteiner

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