Der Beton-Mittelstreifen als tödliche Gefahr
Archivmeldung vom 25.07.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakAutofahrer auf der A 8 kennen dieses beklemmende Gefühl - vor allem zwischen München und Augsburg. Gerade bei verengter Fahrbahn an den vielen Baustellen fühlen sich viele aufgrund der massiven Beton-Leitplanken unwohl.
Weil diese Elemente an immer mehr Autobahnen in Bayern als
Mittelstreifen verbaut werden, ist in München ein Streit über die
Sicherheit von Schutzwänden im Gange.
Die Gewerkschaft der Polizei kritisiert, beim Aufprall eines Pkw auf
Beton-Leitplanken könnten die Folgen oft tödlich sein: "Unfallfahrzeuge
werden bei einem Aufprall wie Ping-Pong-Bälle zwischen den
Betonleitplanken hin und her geworfen." Diese Bedenken teilt auch
Professor Henning Wallentowitz, Leiter des Instituts für
Kraftfahrtwesen der RWTH-Aachen.
Der Crashtest-Spezialist wies an zwei Versuchen - jeweils mit Stahl und
Beton - nach, dass eine Stahl-Leitplanke für Autofahrer wesentlich
sicherer ist. Der Grund: Stahl ist verformbar und kann daher beim
Aufprall die Energie des Autos aufnehmen. Fährt das Auto jedoch gegen
starren und unverformbaren Beton, dann nimmt dieser überhaupt keine
Energie auf. Alles überträgt sich aufs Auto, dessen Innenraum zerstört
werde.
Zudem werden die Fahrzeuge durch die angeschrägte Form der Betonleitplanken angehoben und könnten sich dabei sogar überschlagen."Erste
Versuche zeigen, dass der Fahrer 50 Prozent mehr Belastung bekommt,
wenn er gegen die Betonwand fährt. Und aus der Literatur weiß man, dass
das Risiko, dabei zu sterben, dreimal größer ist, als wenn der gleiche
Unfall gegen eine Stahlplanke stattfindet", so Wallentowitz in einem
Interview mit dem MDR.
Die Gewerkschaft der Polizei nennt weitere Gründe, die gegen die
Betonwände sprechen: Die Bergung von Verletzten werde deutlich
erschwert, heißt es in einem entsprechenden Aktenvermerk. Die neuen
Beton-Leitplanken seien zudem "nur unter großem körperlichen Einsatz zu
überwinden", da die Höhe in der Regel 1,15 Meter beträgt. Auch für
ältere Verkehrsteilnehmer seien die Betonleitplanken nach Unfällen kaum
zu überwinden.
Im bayerischen Innenministerium sieht man die Sache anders: Dort heißt
es, dass die Betonwände insbesondere an viel befahrenen Autobahnen
(dazu zählt auch die A 8) verbaut werden, weil sie verhinderten, dass
Lkw auf die Gegenfahrbahn durchbrechen. Außerdem müssten sie nicht
gewartet und nach Unfällen repariert werden, seien also günstiger, so
eine Sprecherin.
Der Kostenfaktor dürfe bei diesem wichtigen Sicherheits-Thema nicht im
Vordergrund stehen, sagt wiederum die Polizeigewerkschaft.