Paderborner Erzbischof verteidigt Entscheidung der Katholischen Kirche an Präsenz-Gottesdiensten zu Weihnachten festzuhalten
Archivmeldung vom 23.12.2020
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Freigeschaltet durch André OttBielefeld. Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat die Entscheidung der Katholischen Kirche verteidigt, an Präsenz-Gottesdiensten zu Weihnachten festzuhalten. "Gottesdienste sind in meinen Augen existenzrelevant. Ich bekomme täglich Zuschriften, in denen wir gebeten werden, dass die Gottesdienste stattfinden können", sagte der Oberhirte von knapp 1,5 Millionen Katholiken im Interview mit dem WESTFALEN-BLATT.
Zugleich äußerte Becker Verständnis für die Kritik an dieser Haltung: "Ich nehme die Einwände und Ängste natürlich sehr ernst und kann auch verstehen, wenn Menschen unter diesen Umständen sagen: Nein, ich bleibe lieber zuhause, ich habe Angst."
Auch zum abweichenden Vorgehen der Evangelischen Landeskirche von Westfalen sowie der Lippischen Landeskirche, auf Präsenz-Gottesdienste zu verzichten, äußerte sich der Erzbischof: "Ich kann auch unsere evangelischen Mitchristen verstehen, dass sie es anders machen." Gleichwohl habe er selbst großes Vertrauen in die eigenen Verantwortlichen vor Ort. Zudem hob Becker die Bedeutung der Präsenz-Gottesdienste noch einmal ausdrücklich hervor: "Die Hygienekonzepte sind sehr klar und bewährt. Ich glaube auch, dass unsere Gottesdienste stark von der persönlichen Begegnung leben und auf Dauer nicht einfach durch digitale Formate ersetzt werden können. Auch wenn sie technisch noch so gut und professionell gemacht sind: Ein Ersatz können und dürfen sie nicht sein."
Zwar werde dieses Mal alles anders, dennoch gab sich der Paderborner Erzbischof hoffnungsvoll: "Auch dieses Weihnachten kann im guten Sinn unvergesslich bleiben." Becker sieht in den Einschränkungen durch die Pandemie auch eine Chance. "In diesem Jahr wird uns aber vielleicht auch besonders bewusst: Es geht jetzt um den Kern! Weihnachten müssen wir nicht retten, wie manche sagen, auch in Coronazeiten nicht. Weihnachten rettet uns!"
Mit Blick auf die Politiker und andere Entscheidungsträger warb der Erzbischof um Verständnis. "Die Situation ist ja für alle völlig neu, und auch die Politiker sind in vielerlei Zwängen. Oberstes Prinzip muss das Wohl der Menschen sein. Und ich glaube, da ist viel guter Wille und Sachverstand da. Es ist wahrscheinlich ganz unmöglich, in dieser Situation alles richtig zu machen. Manches haben wir im Sommer und Herbst vielleicht auch unterschätzt. Und die Wirklichkeit verschwindet nicht einfach, nur weil wir die Augen vor ihr verschließen. Aber einseitige Politikerschelte und erst recht die ganzen Verschwörungstheorien sind völlig unangebracht und absurd. Ich vertraue den Verantwortlichen in der Politik, in der Medizin und in der Gesundheitspflege. Wir sollten nicht immer gleich alles schlecht reden."
Quelle: Westfalen-Blatt (ots)