Sicherheitsexperten: Konzernsicherheiten durchlöchern mit teils illegal gesammeltem Datenverbund den Rechtsstaat
Archivmeldung vom 13.12.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSicherheitsexperten in Deutschland warnen vor einem teils illegal zustande gekommenen Datengeflecht dramatischen Ausmaßes in Deutschland, gesammelt von diversen Konzernsicherheiten.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe): "Es droht die Verselbstständigung einer vernetzten und weltweit operierenden Konzernsicherheit" mit möglicherweise schweren Schäden für den Rechtsstaat. Man kenne sich untereinander in der Branche, man tausche sich aus. Entstanden sei "ein dunkler Datenverbund", zu Lasten vieler sich unbeobachtet glaubender Bürger. Im Ergebnis drohe eine Durchlöcherung des Rechtsstaates.
"Ein Ausbund an Grauzonen tut sich auf", argwöhnt Freiberg. Es verfestige sich ein unbekanntes, auch illegal zustande gekommenes Datengeflecht. Außen vor blieben die Sicherheitsbehörden, weil die Konzernleitungen nach gut dünken entschieden, ob sie bei Wirtschaftskriminalität, Datenklau oder bei Affären und Affärchen Anzeige erstatteten oder die Dinge intern klärten. In der Branche werde sich ausgetauscht, man schiebe sich Informationen gegenseitig zu. "Die Gefahr ist real, dass sich neben dem Rechtsstaat ein völlig unkontrollierter Bereich der Datenherrschaft entwickelt, der den Missbrauch zur Methode macht", sagte Freiberg.
Im Vergleich dazu sei die bisherige Telekom-Daten-Affäre "nur die Spitze des Eisbergs". Es gebe "Gerüchte über Gerüchte und mehr als das", dass vielfach nicht nur legal observiert, sondern auch illegal spioniert und geforscht werde, so der GdP-Chef. Die Aufträge, oft extern vergeben von der Konzernsicherheit, würden von der Spitze mit der Maßgabe erteilt, man brauche Informationen, koste es was es wolle. "Wir haben es vermutlich schon längst mit einer organisierten Datenkriminalität zu tun", argwöhnt Freiberg. Dabei gehe es nicht mehr um Einzelfälle, sondern um systematische Ausspähung im Schatten des Rechtsstaates.
Freiberg forderte Gesetzgeber und Behörden zu raschem Handeln auf. "Die Polizei und andere Sicherheitsbehörden müssen in die Lage versetzt werden, ihrer Aufgabe nachzukommen." Bekannt gewordene Verstöße im Bereich Wirtschaftskriminalität müssten pflichtgemäß zu Anzeigen führen. "Polizei und Staatsanwaltschaften können nur eingreifen, wenn Anzeigen erstattet werden. Die Verkettung von Konzernsicherheiten, noch dazu mit teilweise illegal gesammeltem Material, muss verhindert werden. Wir brauchen auch im Sicherheitsgeschäft eine strikte Regulierung der Märkte", sagte Freiberg. Man stünde kurz davor, dass der Rechtsstaat ausgehöhlt würde.
Quelle: Leipziger Volkszeitung