Inflationsrate im Juli 2020 bei -0,1 %
Archivmeldung vom 13.08.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.08.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie Inflationsrate in Deutschland - gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat - lag im Juli 2020 bei -0,1 %. Damit ging die Inflationsrate im Juli 2020 zurück (Juni 2020: +0,9 %). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, sanken die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vormonat Juni 2020 um 0,5 %.
Senkung der Mehrwertsteuer zum 1. Juli 2020 dämpft die Preisentwicklung
Nachdem die Inflationsrate im Juni 2020 leicht angestiegen war, dämpfte die Mehrwertsteuersenkung zum 1. Juli 2020 als eine Maßnahme des Konjunkturpakets der Bundesregierung nun die Preisentwicklung. In welchem Umfang die niedrigeren Steuersätze an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurden, ist nur schwer nachweisbar, da die Preisentwicklung von vielen Faktoren abhängt. Der Einfluss der Senkung der Mehrwertsteuersätze kann daher nur modellmäßig berechnet werden. Unter der Annahme einer vollständigen und sofortigen Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung an die Verbraucherinnen und Verbraucher ergibt sich im Juli 2020 rein rechnerisch eine um 1,6 Prozentpunkte niedrigere Inflationsrate. Ohne die Steuersenkung wäre die Inflationsrate also maximal 1,6 Prozentpunkte höher gewesen.
Preisrückgang bei Energieprodukten binnen Jahresfrist hat sich verstärkt, Preisanstieg bei Nahrungsmitteln hat sich abgeschwächt
Die Preise für Waren insgesamt verbilligten sich von Juli 2019 bis Juli 2020 um 1,4 %. Ein Grund dafür dürfte die Mehrwertsteuersenkung sein: So hat sich der Preisrückgang bei Energie gegenüber dem Vorjahresmonat trotz wieder steigender Ölpreise auf dem Weltmarkt mit -6,7 % leicht verstärkt (Juni 2020: -6,2 %). Vor allem verbilligten sich Heizöl (-31,3 %) und Kraftstoffe (-12,9 %). Zudem verteuerte sich Strom nur noch um 2,1 % (Juni 2020: +4,1 %). Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich binnen Jahresfrist um 1,2 %, auch hier hat sich der Preisauftrieb deutlich abgeschwächt (Juni 2020: +4,4 %). Im Einzelnen wurden aber erneut überdurchschnittliche Preiserhöhungen bei Obst (+7,8 %) sowie Fleisch und Fleischwaren (+5,4 %) ermittelt. Billiger wurden hingegen beispielsweise Speisefette und Speiseöle (-3,4 %). Auch in anderen Warengruppen gingen die Preise unter anderem durch die Mehrwertsteuersenkung zurück, beispielsweise für Bekleidung und Schuhe (-1,7 %) sowie für langlebige Gebrauchsgüter (-1,0 %). Merklich teurer blieben jedoch Tabakwaren (+6,6 %), die von der Mehrwertsteuersenkung ausgenommen sind.
Inflationsrate ohne Energieprodukte mit +0,8 % deutlich über der Gesamtteuerung
Die Preisrückgänge bei Energieprodukten gegenüber dem Vorjahresmonat wirkten sich weiterhin dämpfend auf die Inflationsrate aus: Ohne Berücksichtigung der Preise für Energieprodukte hätte die Inflationsrate im Juli 2020 bei +0,8 % gelegen, ohne Energieprodukte und Nahrungsmittel bei +0,7 %.
Dienstleistungen verteuerten sich binnen Jahresfrist überdurchschnittlich um 1,2 %, Mehrwertsteuersenkung wirkt sich hier kaum aus
Die Preise für Dienstleistungen insgesamt erhöhten sich im Juli 2020 gegenüber dem Vorjahresmonat überdurchschnittlich um 1,2 %. Bedeutsam war hier die Erhöhung bei den Nettokaltmieten (+1,4 %), da private Haushalte einen großen Teil ihrer Konsumausgaben dafür aufwenden und diese zudem nicht von der Mehrwertsteuersenkung betroffen sind. Für Leistungen beim Friseur und für die Körperpflege (+4,9 %) und beim Besuch in Restaurants, Cafés und im Straßenverkauf (+1,6 %) mussten trotz Mehrwertsteuersenkung höhere Preise bezahlt werden. Fahrkarten im Fernverkehr wurden hingegen deutlich günstiger (-16,0 %). Dies ist vor allem auf die bereits seit Jahresbeginn gesunkene Mehrwertsteuer für Bahnfernfahrten von 19 % auf 7 % zurückzuführen und nur teilweise auf die aktuelle Senkung des ermäßigten Steuersatzes von 7 % auf 5 %.
0,5 % niedrigere Preise im Vormonatsvergleich
Im Vergleich zum Juni 2020 sank der Verbraucherpreisindex insgesamt im Juli 2020 um 0,5 %. Die Preise für Energieprodukte insgesamt gingen um 0,7 % zurück, vor allem sanken die Preise für Heizöl (-4,4 %). Hingegen stiegen die Kraftstoffpreise um 1,5 %. Insbesondere saisonbedingt erhöhten sich im Ferienmonat Juli auch die Preise für Pauschalreisen (+16,6 %) und Flugtickets (+4,6 %), wobei das Angebot hier eingeschränkt war. Günstiger als im Juni 2020 waren im Juli 2020 zahlreiche Güter infolge der Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung. So sanken die Preise für Nahrungsmittel insgesamt deutlich um 2,7 %, bei Obst (-3,2 %) und Gemüse (-6,1 % ) gab es zudem saisonbedingte Preisrückgänge. Billiger wurden auch Bekleidung und Schuhe (-4,6 %), vorrangig bedingt durch Preisnachlässe für Sommerartikel.
Inflationsrate im Euroraum voraussichtlich bei +0,4 %
Der für den internationalen Vergleich berechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex für Deutschland (HVPI) blieb im Juli 2020 gegenüber dem Stand von Juli 2019 unverändert. Nach der Schnellschätzung von Eurostat vom 31. Juli 2020 lag die Inflationsrate im Euroraum bei +0,4 %. Nächster Veröffentlichungstermin für den HVPI ist der 17. August 2020 (https://ec.europa.eu/eurostat/de/news/release-calendar). Die HVPI-Ergebnisse aller europäischen Länder finden Sie auf den Eurostatseiten (https://ec.europa.eu/eurostat/web/hicp/data).
Methodische Hinweise:
Informationen zu den Auswirkungen der Mehrwertsteuersenkung auf die Verbraucherpreise wurden bereits in der Pressemitteilung Nr. 215 vom 15. Juni 2020 thematisiert. Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze zum 1. Juli 2020 stellte die Verbraucherpreisstatistik erneut vor besondere Herausforderungen bei der Preiserhebung, insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Behandlung in den einzelnen Geschäften. In enger Abstimmung mit den Statistischen Landesämtern wurde die Preisermittlung qualitätsgesichert; auch Preisnachlässe infolge der Steuersenkung an den Kassen sind berücksichtigt.
Die aktuelle Corona-Krise führte im Berichtsmonat Juli 2020 nur noch zu wenigen Ausfällen bei der Preiserhebung. Nähere Informationen zu den Verfahrensweisen sowie zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die Preiserhebung finden Sie in unserem Methodenpapier.
Krisenmonitor ermöglicht Vergleich zwischen Corona-Krise und Finanz- und Wirtschaftskrise
Der Verbraucherpreisindex ist auch Teil des "Krisenmonitors" (www.destatis.de/krisenmonitor), mit dem das Statistische Bundesamt die Entwicklung wichtiger Konjunkturindikatoren in der Corona-Krise und in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gegenüberstellt. Der Krisenmonitor ergänzt die Sonderseite Corona-Statistiken, die seit Anfang April statistische Informationen zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bündelt.
Quelle: Statistisches Bundesamt (ots)