"Distomo": Italienische Regierung untersagt Vollstreckung
Archivmeldung vom 08.05.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie italienische Regierung in Rom hat die Vollstreckung von Schadensersatzansprüchen im sogenannten "Distomo-Fall" untersagt. Das geht aus einem "Dekret Nr. 63" hervor, das dem ARD-Magazin "Report Mainz" vorliegt. Darin verfügt die Regierung von Ministerpräsident Berlusconi, "Vollstreckungsansprüche gegen andere Staaten" bis zu einer Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes in der Staatenimmunitätsfrage auszusetzen.
Am 19. April hatte "Report Mainz" berichtet, dass Einnahmen der Deutschen Bahn aus dem Fahrkartenverkauf in Italien von etwa 51 Millionen Euro beschlagnahmt worden sind, um Schadensersatzansprüche von Überlebenden und Angehörigen eines SS-Massakers im griechischen Dorf Distomo zu befriedigen. Die Zwangsmaßnahme war von einem römischen Gericht angeordnet worden, nachdem sich die Bundesregierung jahrelang geweigert hatte, rechtskräftige Urteile aus Griechenland und Italien anzuerkennen und Schadensersatz für das im Jahr 1944 begangene Kriegsverbrechen zu leisten. Parallel dazu hatte die Bundesregierung Ende 2008 vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag Klage gegen Italien eingereicht, über deren Zulässigkeit aber noch nicht entschieden wurde. Im Kern geht es um die Frage, ob Staaten, die schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, nachträglich von ausländischen Gerichten zu Schadenersatz verurteilt werden können.
Gegenüber "Report Mainz" hat der deutsch-italienische Rechtsanwalt Joachim Lau, der die Distomo-Opfer in Florenz und Rom vertreten hat, erklärt, umgehend Verfassungsbeschwerde gegen das Notgesetz der Berlusconi-Regierung einzureichen. Seiner Ansicht nach sei das Eil-Dekret der Regierung in Rom nichts anderes als "ein offener Eingriff in die Unabhängigkeit der italienischen Justiz, um die rechtskräftig festgestellten Schadenersatzansprüche der Distomo-Opfer politisch zu unterbinden".
Quelle: SWR Das Erste "Report Mainz"