Energiekrise: Nachteile für Zug-Reisende wegen Kohle-Transporten
Archivmeldung vom 17.08.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDamit weiter Kohle in Kraftwerke und Öl in Raffinerien kommt, will die deutsche Regierung Energietransporten auf der Schiene sechs Monate lang Vorrang einräumen. Das könnte gewaltige Nachteile für Bahnreisende auch in Österreich haben. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Demnächst könnten auf Bahnreisende in Deutschland aber auch in Österreich längere Wartezeiten zukommen. Die Bundesrepublik will den Energietransporten auf der Schiene sechs Monate lang den Vorrang einräumen. Das geht aus einem Papier der Bundesministerien für Wirtschaft und für Verkehr vom Wochenende hervor. “Ziel ist es, den Betrieb von Kraftwerken, Raffinerien, Stromnetzen sowie von weiteren lebenswichtigen Betrieben sicherzustellen”, heißt es darin.
Güterzüge sollen dann vor Personenzügen Vorrang erhalten. Dann nämlich, wenn sie Kohle, Gas, Öl oder Trafos geladen haben – also alles, was Kraftwerke, Firmen und Fabriken am Laufen hält. Dies hätte enorme Verspätungen zufolge. Vor allem für jene Züge, die von Wien nach Vorarlberg oder in die umgekehrte Richtung fahren. Denn diese fahren über das kleine deutsche Eck, wo bundesdeutsche Fahrpläne gelten. Aber auch andere Verbindungen auf der Westbahnstrecke dürften betroffen sein. Bei der Deutschen Bahn heißt es diesbezüglich:
“Die Rechtsverordnung zur Priorisierung versorgungsrelevanter Züge ist eine sinnvolle Vorsorgemaßnahme der Bundesregierung.”
Kritik an Verordnung
Die Ministerien würden sich derzeit vor allem darauf konzentrieren, die Züge schneller machen zu wollen. Das greife jedoch zu kurz, man müsse sich alle Optionen ansehen. So könne die Deutsche Bahn überlegen, welche Baustellen man zeitlich nach hinten verschieben könne. Das heißt, dass mehr mit einer Zugfahrt transportiert werden könne. Andere Züge mit Containern könnten aber auch einen längeren Umweg fahren und die Schienen für Energietransporte frei machen. Die Mehrkosten, müssten sie dann entweder selbst begleichen oder dem Endverbraucher aufs Auge drücken.
Räder rollen für den Sieg
Die derzeitige, selbstverschuldete Energiekrise durch den Ausstieg aus konventionellen Energiequellen, verstärkt durch die herbeisinnierte Klimakrise aber auch durch die Selbstmord-Sanktionen gegen Russland führten zu dieser neuen Regelung. Versäumnisse der Vergangenheit fallen den Deutschen zudem auf den Kopf. So seien Pläne für eine leistungsfähigere Infrastruktur nicht verfolgt worden. Seit 1995 ist das Schienennetz in Deutschland um 15 Prozent geschrumpft, der Güterverkehr aber signifikant gestiegen. Es sind also immer mehr Züge auf immer weniger Schienen unterwegs.
“Wir müssen deshalb überlegt und in sorgfältiger Abwägung Transporte priorisieren, um die Energieversorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen”
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP)
Im Zweifel müsse der Personenverkehr warten, erläuterte der FDP-Politiker. Denn für gewöhnlich ist der Güterverkehr bislang dem Personenverkehr untergeordnet. Das könnte sich mit der neuen Verordnung umkehren. Es bleibt also abzuwarten, ob die deutsche Bahn den Sieg einfährt.
Werden die Züge für Fahrgäste noch unpünktlicher?
Bedeutet das für die Bahnreisenden also längere Wartezeiten? Verspätungen für die Fahrgäste sollen “weitestgehend” vermieden werden, zumindest dem Regierungspapier zufolge. Wie dies genau geschehen soll, wird nicht erläutert. Denn bereits jetzt sind zahlreiche Streckenabschnitte überlastet und Pünktlichkeit bei der Bahn eher eine Ausnahme.
Sollten die Umstellungen zudem nicht überall von heute auf morgen funktionieren, wären die Auswirkungen katastrophal. Wenn etwa nicht klar ist, welche Züge welche überholen dürfen (zwischen den verschiedenen Energieformen gebe es nämlich auch Unterschiede). Dann müssten die Züge Umwege fahren. Wie für den Personenverkehr würden auch für den Güterverkehr auf der Schiene weit im voraus Fahrpläne von der DB ausgegeben, um alle Züge auf dem Schienennetz zu koordinieren. Wolle man also kurzfristig fahren, könne es sein, dass die Schienen schon belegt wären. Das Chaos wäre dann perfekt. Denn dass die anderen Züge einfach links oder rechts auf die Seite fahren können, geht nicht.
Züge platzen aus allen Nähten
In der 9-Euro-Ticket-Aktion offenbarten sich alle Probleme der Eisenbahn in Deutschland. Damals fluteten Massen von 9-Euro-Kunden die Regionalzüge; die Bahn musste Zusatzpersonal einsetzen, um das Ein- und Aussteigen zu beschleunigen. Die Szenen, die an Dritte-Welt-Länder erinnern, würden die Leute aber aus den Zügen zurück ins Auto treiben. Und das wäre genau das, was die Bundesregierung nicht will.
Unabhängig vom 9-Euro-Ticket hat es bereits im Mai im Fernverkehr Fahrgastrekorde gegeben. Die Züge sind also bereits jetzt schon überfüllt. Die Folge für Österreich wären also nicht nur verpasste Anschlusszüge und längere Wartezeiten am Bahnhof sondern auch Steh- und Wartezeiten im Zug und dementsprechend auch mehr Personen die ohne Sitzplatz auskommen müssten.
Zu wenige Güterwagen
Nach Branchenangaben seien noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, bestehende Güterzüge zu verlängern oder auch mehr in der Nacht zu fahren. Das Problem dabei sei eine limitierenden Anzahl von Güterwagen in der Mineralölbranche. Die Wagen sind europaweit knapp. Die Güterwagen gehörten aber den Firmen selbst. Schon vor einigen Jahren habe es Engpässe bei den Güterwagen gegeben, als der Rhein ebenfalls Niedrigwasser aufwies und die Transporte von den Binnenschiffen auf die Schiene verlagert werden mussten. Damals hätte sich die Branche dazu entscheiden müssen, mehr Waggone zu holen.
Der Großteil des gesamten Güterverkehrs in Deutschland wird jedoch nach wie vor über die Straßen transportiert. 2020 betrug der Anteil der Güterzüge am gesamten Güterverkehr nur 18 Prozent. Lkw waren für rund 73 Prozent verantwortlich. Binnenschiffe für 6,9 Prozent. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2021 insgesamt 3,1 Milliarden Tonnen an Gütern mit Lkw transportiert. Eisenbahnen transportierten im vergangenen Jahr 357,6 Millionen Tonnen."
Quelle: Wochenblick