Staatsanwaltschaft ermittelt noch immer: War mildes Urteil gegen "Hell's Angels" rechtens?
Archivmeldung vom 02.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt noch immer gegen den Vorsitzenden Landrichter Jürgen Seifert und Oberstaatsanwalt Hansjürgen Schulz wegen Strafvereitlung im Amt und Rechtsbeugung.
Das berichtet der WESER-KURIER (Bremen) in seiner morgigen (Sonntag-) Ausgabe. Mitte Dezember hatte Amtsrichter Christian Rost aus Rinteln (Kreis Schaumburg) die Verdener Juristen angezeigt, weil diese seiner Meinung nach zu milde mit Bremer "Hell's Angels" ins Gericht gegangen waren. Einen "rechtswidrigen, ja kriminellen Deal" hatte Rost seinen Juristenkollegen vorgeworfen.
Wenige Tage vor der Anzeige war der Prozess gegen die Rocker mit einem überraschend milden Urteil zu Ende gegangen: Die Prozessbeteiligten hatten sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit geeinigt. Die Anklage ließ den Tatvorwurf des schweren Raubes fallen und forderte nur zwei Jahre Haft wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Strafe wurde für elf der 14 Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Im Gegenzug gestanden die "Höllenengel", dass sie im März 2006 in Stuhr (Kreis Diepholz)verfeindete "Bandidos" überfallen und schwer misshandelt hatten.
Nicht nur Rost stieß sich an der Milde der Justiz für Mitglieder einer Bande, die bei der Polizei weltweit als kriminelle Organisation gilt. Das Urteil löste auch eine politische Diskussion über "Deals" in Strafverfahren aus: Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) forderte vom Bund, solche Absprachen endlich gesetzlich zu regeln. Als das Bundeskabinett im Januar einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss, war die Kritik des Ministers ungewohnt heftig: Gegenüber dem WESER-KURIER nannte Busemann den Entwurf die "Legalisierung von Mauschelei".
Verdens Leitender Oberstaatsanwalt Helmut Trentmann rechnete bereits Anfang Januar "binnen weniger Tage" mit der Einstellung des Verfahrens gegen seinen Mitarbeiter. Doch in Hannover verweist eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bis heute auf die gründliche Arbeit ihrer Behörde. Sie spricht von intensiver Prüfung, umfangreichen Ermittlungen - und von vielen Akten, die zu studieren seien. "Blanken Hohn" nennt das ein Verteidiger der "Hell's Angels": "Die Aktenlage ist nun wirklich mehr als überschaubar."
Nach Informationen des WESER-KURIERS will sich die Staatsanwaltschaft Hannover Ende kommender Woche endlich entscheiden, ob sie ein Verfahren gegen die Juristen eröffnet. Nicht einmal der aufmüpfige Amtsrichter Rost glaubt noch an den Erfolg seiner Anzeige: "Die stellen das sang- und klanglos ein."
Quelle: Weser-Kurier