Vater der vermissten Inga: "Meine Forderung ist, dass wieder ermittelt wird"
Archivmeldung vom 08.07.2020
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Freigeschaltet durch André OttVor fünf Jahren verschwand Jens-Uwe Gehrickes Tochter Inga während eines Familienausflugs spurlos. Bis heute konnte nicht geklärt werden, was am 2. Mai 2015 auf dem Wilhelmshof, einer diakonischen Einrichtung in Sachsen-Anhalt, mit der damals Fünfjährigen passiert ist. Das Mädchen wollte vom Grillplatz am Rande des Geländes zu einem der Häuser laufen. Nur etwa 100 Meter Fußweg wären das gewesen. Doch sie kam nie an.
Jens-Uwe Gehricke hat die neuen Entwicklungen im Fall der 2007 in Portugal entführten Madeleine McCann aufmerksam verfolgt. In einem Exklusiv-Interview mit dem stern fordert er jetzt, dass auch im Fall seiner vermissten Tochter wieder ermittelt wird, dass der Fall neu aufgerollt wird. "Wichtig ist mir, zu wissen, wo sie ist. Das brennt mir auf der Seele", sagt der 51-Jährige. Und weiter: "Unabhängig von der Frage, ob der Fall 'Maddie' etwas mit Inga zu tun hat, habe ich jetzt die Hoffnung, dass ihr Fall wieder in den Köpfen der Ermittler und der Staatsanwaltschaft ist." Gehricke wünscht sich neue Ermittler, die den Fall neu betrachten.
Zu dem jüngst vom BKA präsentierten Verdächtigen im Fall McCann, der zum Zeitpunkt von Ingas Verschwinden etwas mehr als eine Autostunde vom Wilhelmshof entfernt eine leerstehende Kistenfabrik besaß, sagt Gehricke dem stern: "Vielleicht hatte er tatsächlich keine Kontakte zum Wilhelmshof. Aber allein um das komplett auszuschließen, müsste der Fall noch einmal angefasst werden." Dass Christian B. mit seinem Handy laut Funkzellenabfrage damals nicht im Tatortbereich eingeloggt gewesen ist, reiche ihm als Begründung dafür, dass er nicht vor Ort gewesen sein könnte, nicht aus.
Jens-Uwe Gehricke schließt bis heute weder einen Unfall, der anschließend vertuscht wurde, noch eine Entführung, eine Sexualstraftat oder eine andere Gewalttat aus. Aber: "Eine zweite Natascha-Kampusch-Geschichte war für mich immer schon die Variante, an die ich am wenigsten geglaubt habe." Der Sozialpädagoge war früh vom Schlimmsten ausgegangen - um sein Kind trauern kann er dennoch bis heute nicht. "Ich möchte trauern, ich wünschte, ich könnte es. Aber ich kann es nicht, solange die Gewissheit fehlt", sagt er.
Der stern zeigt in seiner aktuellen Ausgabe auch erstmals ein sogenanntes Aging-Bild von Inga. Es zeigt, wie Inga mit sieben Jahren ausgesehen haben könnte. Erstellt wurde es von Spezialisten des Landeskriminalamtes Niedersachsen, die Eltern waren damals in die einzelnen Entwurfsphasen mit einbezogen.
Quelle: Gruner+Jahr, STERN (ots)